18 Grad

Digitale Publikationsreihe zur Stadtzuger Geschichte

Beitrag 2

 

 Der grosse Umbruch im Kleinen
(Teil 2)

Die Güterausscheidung zwischen der Bürger-, Einwohner- und Kirchgemeinde, 1874–1878

Erstellt — 04.10.2024

Geändert — 04.10.2024

Herausgeber — Stadtarchiv Zug

Redaktion — Stadtarchiv Zug
Autor — Daniel Schläppi
Lesezeit — 143 Minuten
Zeichenzahl — 93072
Abbildungen — 13

ISBN — 978-3-9525975-1-4

ISSN — 2813-8848

Permalink — https://doi.org/10.62326/F4VG8YPR

 

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 Der grosse Umbruch im Kleinen
(Teil 2)

Die Güterausscheidung zwischen der Bürger-, Einwohner- und Kirchgemeinde, 1874–1878

Daniel Schläppi


In den Sommermonaten des Jahres 1874 hatten sich gewichtige Repräsentanten aus dem konservativen Spektrum im neuen Einwohner- und Bürgerrat in Stellung und die Güterausscheidung auf den Weg gebracht.[1] Nun schlug die Stunde von Alois Schwerzmann, der zum fraglichen Zeitpunkt als Landammann amtete und den Kanton im Nationalrat repräsentierte. Er stand auf dem Zenit einer eindrücklichen Politikerlaufbahn, galt als gemässigt konservativ, neigte zum Pragmatismus und erkannte offenkundig auch die Zeichen des unumkehrbaren gesellschaftlichen Wandels. Seiner Einschätzung zufolge hatte die «Zeit mit ihrer fortschreitenden Entwicklung» in den «bisherigen Gemeinde-Organismus ein neues Glied eingefügt, das wir Einwohnergmde nennen».[2] Dieses ringe «nach Selbständigkeit, nach Luft u. Licht u. Nahrung zu seiner Entwicklung». Seine Mitglieder verlangten «Gleichberechtigung mit der einheimischen Ortsbürgerschaft» und wollten «vereint mit derselben die öffentl. Gemeindezwecke erfüllen helfen», hielten sich aber auch «für berechtigt, dafür in billiger Weise aus denjenigen Vermögensteilen unterstützt zu werden, welche bisher für die Erfüllung der gleichen Zwecke Verwendung fanden». Schwerzmann kam in seiner nüchternen Analyse ohne den zeitüblichen geringschätzigen Tonfall aus, den viele Eingesessene gegenüber den Niedergelassenen anschlugen. Zudem gab er zu bedenken, die «Notwendigkeit» einer Güterausscheidung begründe sich «in den Vorschriften der schweizer. wie der cantonalen Verfassung», welche «die Niedergelassenen als vollberechtigte Glieder der polit. Gmde» anerkenne.

 

Abb. 1 — Während für die Bebilderung des ersten Teils der Jubiläumstrilogie die wichtigsten Akteure im Vordergrund standen, legt das Bildprogramm des zweiten Teils den Akzent auf die im Gemeindebesitz befindlichen Liegenschaften und Infrastrukturanlagen, welche die Bürgergemeinde im Zuge der Güterausscheidungen mit Blick auf die Unterhaltskosten bis auf wenige Ausnahmen gerne an die Einwohnergemeinde abtrat. Dies betraf etwa die Stadtmauer, hier im Bereich des Huwilerturms, deren Unterhalt das Stadtbauamt Zug unter der bezeichnenden Registratur «Abträgliche Liegenschaften» führte. Undatierte Aufnahme, ca. 1905–1910. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-20.17)

Die Ausscheidung zwischen Bürgergemeinde und Korporation, 1848–1859

Neben seiner Einsicht, dass eine Güterausscheidung zwischen Bürger- und Einwohnergemeinde unumgänglich geworden war, dürften Schwerzmann auch die Erfahrungen, die er mit der Ausscheidung zwischen der Korporation und der Bürgergemeinde gemacht hatte, dazu veranlasst haben, proaktiv in den nun anlaufenden Prozess der Güterteilung einzugreifen. Im Fall der Korporation und der Bürgerschaft hatte sich die Ausscheidung über 26 Jahre «sehr in die Länge» gezogen und «langandauernde u. heftige Kämpfe» ausgelöst, wie sich Schwerzmann 1874 erinnerte.[3] Noch später sprach er sogar von einer «Fehde zwischen der Korporations- und Bürgergemeinde» und bilanzierte, «Vermögensausscheidungen seien schwierig».[4]

 

Irritierend und erklärungsbedürftig an diesen Konflikten war, dass es sich bei Korporation und Bürgergemeinde mehr oder weniger um denselben Personenkreis handelte, nämlich um die vollberechtigten Bürger, die seit vielen Generationen eine Allmendgenossenschaft gebildet hatten und so gleichzeitig Stadtbürger und Anteilhaber am Genossen- oder Korporationsgut gewesen waren.[5] Doch offenbar war unter ihnen sehr umstritten, welche Güter vom «politischen Gemeinde-Haushalt» ausgeschieden und der gesonderten Korporationsverwaltung unterstellt werden sollten, wie es die neue Kantonsverfassung von 1848 ermöglichte. Im Kern war es schon damals darum gegangen, vom historischen Gemeingut möglichst wenig an allgemeine öffentliche Zwecke abtreten und die Erträge keinesfalls mit zusätzlichen neuen Genossen teilen zu müssen.

 

Gustav Adolf Keiser, der Anführer der nach dem Sonderbundskrieg an die Macht gelangten Liberalen, konnte über solche Befindlichkeiten nicht einfach hinweg gehen. Die unter seiner Ägide konzipierte Kantonsverfassung entkoppelte das Bürgerrecht von den Nutzungsrechten an den geerbten Gemeingütern. Zwar sollte der Zugang zum Bürgerrecht erleichtert werden, dies aber unter keinen Umständen auf Kosten des Korporationsnutzens der Genossen. Wer sich fortan einbürgern wollte, musste sich nur noch bei der Bürgergemeinde, nicht aber bei der neu zu gründenden Korporation einkaufen, blieb in der Folge aber auch vom Korporationsnutzen ausgeschlossen. Ausserdem durften die Korporationsgüter nicht mehr für allgemeine Gemeindeausgaben herangezogen werden. Schliesslich bekam die Korporation auch noch garantiert, ihr Besitztum künftig eigenständig verwalten zu können.[6]

 

Diese Regelungen stiessen auf Anklang. Die neue Verfassung wurde am 16. Januar 1848 angenommen. Bereits am 6. Februar konstituierte sich die Korporation in einer ausserordentlichen Versammlung der Stadtzuger Bürgerschaft als selbständige Körperschaft. Alois Schwerzmann, der nach Studien am Freiburger Jesuitenkollegium 1843 mit 17 Jahren zum Sekretär der Stadtkanzlei Zug gewählt worden war, übernahm in der Geburtsstunde der neuen Genossenschaft mit nunmehr 22 Jahren das Amt des Verwaltungsschreibers.

 

Schon am 21. Mai 1848 verdankten die Korporationsgenossen dem liberalen Landammann Keiser, für den sie als Anführer des politischen Gegners wenig Sympathie aufbrachten, die neu erlangten Privilegien mit der Wahl in den Verwaltungsrat und zum Präsidenten! Im Mai 1849 legte Keiser einen Ausscheidungsentwurf vor, der in der eigens konstituierten Ausscheidungskommission jedoch nicht durchdrang.[7] Vielmehr sprach am 14. Juni sein Namensvetter Stadtarzt Kaspar Keiser (1830–1877) den Wunsch aus, «es möchte alsdann Vwltschr. Schwerzmann mit Ausarbeitung eines Entwurfs der Ausscheidung beauftragt werden».[8]

 

Den fulminanten Anfängen zum Trotz kam die Güterausscheidung aber nicht voran, denn das Projekt, das der mit 23 Jahren noch blutjunge Korporationsschreiber Schwerzmann vorgelegt hatte, versandete ebenfalls. Im Frühjahr 1856 beauftragten die Bürgergemeinde und die Korporation eine Kommission damit, die Ausscheidungsfrage zuhanden der beiden Gemeindeversammlungen vorzubereiten. Während die Bürgergemeinde den Kommissionsbericht am 29. November 1857 annahm, wollte ihn die Korporationsgemeinde gemäss Beschluss vom 6. Dezember 1857 von einer eigenen Kommission prüfen lassen.

 

In der fraglichen Kommission standen sich gegensätzliche Auffassungen gegenüber. Die Mehrheit, deren Antrag der unterdessen 32 Jahre alte Schwerzmann unterzeichnete, war der Meinung, die Bürgergemeinde könnte «durch einfache Gesetzesrevision jeden Moment zur Einwohnergemeinde erweitert» werden, in der auch die Niedergelassenen in Gemeindeangelegenheiten mitbestimmen würden.[9] Die Furcht vor dem Szenario, als vollberechtigte Ortsbürger die jahrhundertealten Privilegien plötzlich teilen zu müssen, bewegte die Mehrheit dazu, sämtliche Kirchen-, Pfrund-, Schul-, Spital- und Armengüter der Korporation zuzusprechen. Die Minderheit hingegen wollte wenigstens das Kirchen- und das Schulgut der Bürgergemeinde zuweisen. Einig war man sich darüber, dass das Spital- und das Armengut sowie die Waldungen, Allmenden und Fischenzen an die Korporation gehen sollten.

 

Abb. 2 — Das Rathaus symbolisierte das alte Herkommen der stolzen Stadtgemeinde, als deren Nachfolgerin sich die Bürgergemeinde betrachtete. Die Zeitgenossen schrieben ihrer in Stein verfestigten Tradition einen kaum hoch genug zu veranschlagenden Wert zu. Wie bedeutsam das Baudenkmal für die kollektive Erinnerung war, bezeugt eine aufwändige Renovation des gotischen Saals in den Jahren von 1874 bis 1878, die aus Spenden hablicher Ansässiger finanziert wurde. Undatierte Aufnahme, ca. 1895–1900. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-17.34)

Die Korporationsversammlung folgte am 13. Juni 1858 der Kommissionsmehrheit und stellte sich damit quer zum Beschluss der Bürgergemeinde von November 1857.[10] Diesen Widerspruch vermochte erst eine weitere Kommission aufzulösen, deren Vertragsentwurf Alois Schwerzmann redigiert hatte, bevor er am 13. November 1859 von beiden Gemeinden angenommen wurde. Den Ausschlag zu diesem Entschied gab ein Votum von Schwerzmann, inzwischen Landschreiber und Ständerat. Er wies darauf hin, das Korporationsgut dürfe künftig nicht mehr für Gemeindezwecke belastet werden, und von nun an wären ausschliesslich die Korporationsgenossen nutzungsberechtigt. Die Aussicht auf endliche Klärung der vermögensrechtlichen Verhältnisse und auf exklusive Nutzungsrechte an ihrem Gemeingut war den Korporationsgenossen Anreiz genug, der Bürgergemeinde das Kirchen-, Armen-, Spital-, Schul- und Gemeindegut zur Verwaltung zu überlassen.[11] Warum die beiden Verhandlungspartner ihre 1859 getroffenen Vereinbarungen nicht sofort in einen formellen Ausscheidungsvertrag überführten, ist schwer erklärbar. Vermutlich konnten sie auch mit einer erst provisorischen Absprache leben, handelte es sich doch in etwa um den gleichen Personenkreis.

 

Ende der 1850er Jahre hatte die alteingesessene Zuger Bürgerschaft also nicht zuletzt dank eines grundsätzlichen Umdenkens von Alois Schwerzmann zu einem Modus Vivendi hinsichtlich der Bewirtschaftung ihrer historischen Stadtgüter gefunden. Die Annahme der neuen Kantonsverfassung im Dezember 1873, welche die Gründung von Einwohnergemeinden vorschrieb, dürfte bei Schwerzmann ein Déjà-vu ausgelöst haben. Schon kündigte sich die nächste Güterausscheidung an, diesmal jedoch mit verschobenen Demarkationslinien, was noch schärfere Auseinandersetzungen als beim ersten Mal befürchten liess. Jetzt würden nicht mehr die Ortsbürger unter sich streiten. Vielmehr ging es darum, ob und in welchem Ausmass auch die Niedergelassen am historischen Erbe teilhaben sollten.[12]

 

In Betracht dieser Ausgangslage drängt sich der Verdacht auf, Alois Schwerzmann habe sich schon vor der Konstituierung der Bürger- und der Einwohnergemeinde im Sommer 1874 insgeheim ein Szenario für die nächste Güterausscheidung zurechtgelegt, in das er die Lehren einbezog, die er aus den Auseinandersetzungen zwischen Bürgergemeinde und Korporation gezogen hatte. Damals war insbesondere deutlich geworden, dass Lösungsvorschläge, die Delegierte der beteiligten Interessengruppen vorgängig ausgehandelt hatten, in schwer steuerbaren Plenarversammlungen spontan umgestossen werden konnten.

Fait accompli in letzter Sekunde

Die im Folgenden aufzuarbeitenden Vorgänge und die Art und Weise, wie die Stadtzuger Güterausscheidung ausgehandelt wurde, legen den Schluss nahe, dass diesmal vernünftige Verwaltungskräfte den Weg zu einer Vorlage vorspuren sollten. Diese würde die historischen Besitzstände der privilegierten Ortsbürgerschaft weitestmöglich bewahren und anschliessend durch den Bürger- und den Einwohnerrat abgesegnet werden, bevor die Gemeindeversammlungen als eigentlicher Souverän letztinstanzlich dazu Stellung nehmen konnten. Aus dieser Perspektive liesse sich erklären, warum Schwerzmann wenig vorher die Wahl in die kommunalen Exekutivgremien abgelehnt hatte, in der konstitutiven Sitzung der beiden Räte vom 16. Juli 1874 aber trotzdem «zur Mitberatung» dabei war. Als Vorsitzender der städtischen Finanzkommission landete er auf wundersamen Wegen in der Schlüsselposition zur Definition der Ausscheidungsmodalitäten. So konnte er sich berechtigte Hoffnungen machen, die Unwägbarkeiten des untemperierten Meinungsaustrags diskret umschiffen zu können.[13] Für eine solche Interpretation des Geschehens sprechen indes noch andere Beobachtungen. Doch der Reihe nach:

 

Wie aus heiterem Himmel verlangte Jakob Keiser, Korporationsschreiber und Mitglied der dreiköpfigen Finanzkommission, in der Bürgergemeindeversammlung vom 17. Mai 1874, die «nur provisorisch bestehende Güterausscheidung zwischen der Ortsbürgergemeinde u. Corporation Zug» sei bei nächster Gelegenheit den «Ortsbürger u. Corporationsgemeinden zur definitiven Bestimmung u. Annahme vorzulegen».[14] Der 1859 verabschiedete Vertragsentwurf, dem bereits fünfzehn Jahre nachgelebt worden war, sollte jetzt urplötzlich und schnellstmöglich nachverhandelt und definitiv verabschiedet werden. Über die Gründe dafür kann nur spekuliert werden. Zum einen konstatierte die damals noch «Stadtrat» genannte Ortsbürgerbehörde am 20. Mai, die «Ausscheidungs-Entwürfe» hätten bislang erst «im Schosse des Corporationsrates ihre Ventilation gefunden».[15] Zum anderen sollten wohl potentiell strittige Vermögenswerte unbedingt vor der anstehenden Ausscheidung mit der Einwohnergemeinde vor deren befürchteten Begehrlichkeiten in Sicherheit gebracht werden.[16] Im Fokus dürfte dabei ein Kapitalstock der Korporation von rund 210 000 Franken gestanden haben, der über Liegenschaftsverkäufe geäufnet worden war.[17] Ausserdem sollte die Korporation sämtliche Waldungen inner- und ausserhalb des Stadtgebietes, alle Allmenden und die Fischenzen in der Reuss, in der Lorze und im Zugersee bekommen.

 

Bereits am 3. Juni beriet der Stadtrat den von der «Corporations-Verwaltung» überschickten Entwurf artikelweise.[18] Doch vor der «endschaftlichen Beschlussesfassung» sollte dieser «zur Vernehmlassung dem Hrn. Präsidenten Schwerzmann mitgeteilt werden mit dem Bemerken, dass der Stadtrat mit diesem Entwurfe einig gehe». Am 8. Juni tagten der Stadt- und der Korporationsrat gemeinsam, um letzte «Ergänzungen u. Redactionsveränderungen» abzusegnen und um sich über die Mitbenutzung des «Rathauses, Canzleigebäudes u. Archivlokals ab Seite der Corporations-Behörde für deren verschiedene Amtsverhandlungen u. die Canzlei-Bedürfnisse» zu verständigen. Mit dem Beschluss, die Korporation solle einen «verhältnismässigen Beitrag» an den Unterhalt der betreffenden Gebäulichkeit leisten und im Gegenzug von der Bürgergemeinde umsonst ein passendes Lokal für die Gemeindeversammlung zur Verfügung gestellt bekommen, war auch dieser letzte Punkt bald bereinigt.[19]

 

Schon am 14. Juni wurde die Vorlage, die unterdessen auch in gedruckter Form an die Bürgerschaft verteilt worden war,[20] zuerst von der Ortsbürgerversammlung nach «kurzer Beratung» gutgeheissen und «einmütig genehmigt», wie die Neue Zuger Zeitung berichtete.[21] Noch zu reden geben würde später ein scheinbar nebensächlicher Spontanbeschluss auf Antrag von «Hrn. Altbannwart Math. Stadlin», demzufolge die «Strasse durch den Kaminstallwald hinauf u. die Geissbodenstrasse von den Privatgütern an bis an die Geissboden-Allmend» künftig «von der politischen Gemeinde unterhalten werden» sollte, da es sich um «fast ausschliesslich dem öffentlichen Verkehr dienende Strassen» handle.[22] Unmittelbar nach der Bürgergemeinde nahm auch die Korporationsgemeinde den Vorschlag «mit Einmut und ohne weitere Diskussion» an.[23]

 

Die Geschwindigkeit und plötzliche Einigkeit, mit der die gewöhnlich eher trägen Gremien und Instanzen eine notorisch umstrittene Materie plötzlich bereinigten, sprachen für sich. Mindestens den weitsichtigen Verantwortungsträgern, die das ganze Bild sehen konnten, brannte die Güterteilung sichtlich unter den Nägeln. Gleichzeitig schafften sie es, das Thema aus dem öffentlichen Diskurs herauszuhalten und ohne das übliche Parteiengezänk abzuwickeln. Weder die konservative Neue Zuger Zeitung noch das liberale Zuger Volksblatt nahmen das hektische Treiben im Mai und Juni 1874 zur Kenntnis.[24] Das Volksblatt berichtete nicht einmal, dass sich Korporation und Bürgergemeinde am 14. Juni endgültig geeinigt hatten, propagierte aber am 20. Juni ebenso lautstark wie ahnungslos, wenn es um Güter gehe, die «von Urahnen für Gemeindsbedürfnisse geerbt» wurden, sei selbstverständlich nicht «von Privat- oder reinem Korporationsgut» die Rede. Hingegen müssten die «bisherigen Bürger-Gemeindegüter, soweit sie Zwecken dienen müssen, welche nun die Einwohner-Gemeinden erfüllen sollen, an letztere übergehen».[25] Sollte die Hintergrundoperation, die auf Initiative von Korporationsschreiber Keiser im Eiltempo durchgezogen worden war, tatsächlich bezweckt haben, die Besitztümer der Korporation rechtzeitig ans Trockene zu bringen, war das im Stillen vollzogene Husarenstück perfekt gelungen.[26]

Gouverner, c’est prévoir – ein Verwaltungsfuchs übernimmt

Obwohl auf Kantonsebene noch keinerlei gesetzliche Grundlagen für die Güterausscheidung zwischen den Bürger- und Einwohnergemeinden bestanden und der Einwohnerrat der Stadt Zug das brisante Geschäft erst am 30. September 1874 offiziell in die Hände der Finanzkommission unter Leitung von Alois Schwerzmann legen würde, war dieser seit der Annahme der Verfassung im Dezember 1873 nicht untätig geblieben.[27] Er war ein leidenschaftlicher Verwalter, in jeder Hinsicht hervorragend dokumentiert und sogar im Besitz umfangreicher Exzerpte historischer Akten, auf deren Basis sich gewohnheitsrechtliche Argumente gegen eine Güterausscheidung am besten relativieren liessen.[28] Er hatte zwei Jahrzehnte als Landschreiber geamtet (1852–1872), kannte folglich Krethi und Plethi der Zuger Politik und wusste, welche Knöpfe gedrückt werden mussten, um die Verwaltungsmechanik die gewünschten Ergebnisse produzieren zu lassen.

 

Zum Zeitpunkt der Güterausscheidung wirkte der nunmehr 48 Jahre alte Schwerzmann bereits seit 22 Jahren als Kantonskassier (1852–1896) und verfügte somit über einen umfassenden Einblick in die Haushalte des Kantons und der einzelnen Gemeinwesen, von denen er zudem die Vermögensbestände erfragt hatte.[29] Er hatte sich Ausscheidungsgesetze aus anderen Kantonen beschafft, um sich ein Bild davon zu machen, welche Verteilungslogiken sich andernorts hatten durchsetzen lassen.[30] Per Schreiben vom 19. August 1874, ersuchte er den Bürger- und den Einwohnerrat von Zug, die beide ihre Amtstätigkeit gerade erst begonnen hatten, den Stadtschreiber von den laufenden Geschäften zu entlasten, damit dieser in nächster Zeit «vorherrschend» für die Finanzkommission arbeiten könne.[31] Gerne glaubt man der Klage des Einwohnerrats über die «Schwierigkeit, geeignete Persönlichkeiten für Übernahme der laufenden Geschäfte u. der Protokollführungen zu finden». Wegen Schwerzmanns Schachzug war er gerade im Begriff, seinen wichtigsten institutionellen Wissensträger zu verlieren. Stadtschreiber Anton Wickart hatte schon dem einstigen Stadtrat der ehemaligen Einheitsgemeinde mit Rat und Tat zu Seite gestanden.

 

Abb. 3 — Das ehemalige St.-Wolfgangs-Haus, 1530 als städtischer Kornspeicher errichtet, wurde 1798 nach dem Einmarsch der Franzosen zur Kaserne umgenutzt. Als solche blieb sie, trotz prekärer Platz- und Hygieneverhältnisse, bis in die 1970er Jahre in Gebrauch. Nach einem aufwändigen Umbau beherbergt das Gebäude seit 1986 die Bibliothek Zug und seit 2017 auch das Stadtarchiv Zug. Undatierte Aufnahme, ca. 1890. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-19.42)

Noch ohne von einer Behörde ein Mandat bekommen zu haben, entwarf Alois Schwerzmann bereits im September einen ersten Vorschlag für die Güterausscheidung.[32] Bemerkenswert ist die Begründung, mit welcher der Einwohnerrat die Finanzkommission mit der Ausscheidung beauftragte. Schwerzmann hatte beim Einwohnerrat nämlich die «Voranschläge» für 1875 verlangt.[33] Bei der Beratung dieses Begehrens stellten die Verantwortlichen der Einwohnergemeinde fest, zur Erstellung eines Budgets müsste zuerst «eine Ausscheidung der Finanzen u. Verwaltungszweige, Überlassung von Gebäuden etc. mit dem Ortsbürgerrat» vereinbart werden. Da jedoch «die Finanzcommission die daherigen Gemeinde- u. Rechnungsverhältnisse» besser beurteilen könne «als eine mit neuen Mitgliedern besetzte Behörde», bat der Einwohnerrat die Finanzkommission, «mit Zuzug des bezeichneten Mitgliedes des Einwohnerrates [es handelte sich um den bestens bekannten «Dr. Kaiser-Muos», also um Kaspar Keiser, der auch dem Bürgerrat angehörte[34]] einen Ausscheidungsentwurf einzubringen».

 

Eigentlich hätten die gewählten Vertreter der Einwohnergemeinde vehement und vernehmbar das Maximum für den von ihnen repräsentierten Personenverband fordern können und müssen. Stattdessen übergaben sie in dieser für die Zukunft des Gemeinwesens wesentlichen Angelegenheit das Szepter einem optimal gerüsteten Spezialisten. Sollte Alois Schwerzmann tatsächlich den oben als Vermutung in den Raum gestellten Plan gehegt haben, passte spätestens in diesem Moment alles zusammen. Im Licht seiner Vorarbeiten und der personellen Besetzung der einschlägigen politischen Gremien standen die Chancen gut, die Teilung des jahrhundertealten Gemeindevermögens an der streitsüchtigen Zuger Politik vorbeizumanövrieren und als prosaischen Verwaltungsakt zu vollziehen.

Zielstrebige Hinterzimmerpolitik

Nun lag der Ball also endgültig bei Alois Schwerzmann, der dem Rest der Zuger Politik gedanklich schon einige Schritte voraus war. Er hatte die Materie vorstrukturiert und einen Fragenkatalog formuliert, den er von Bern aus, wo er wegen Nationalratsverpflichtungen weilte, per Schreiben vom 6. Oktober den Mitgliedern der (erweiterten) Finanzkommission zur Stellungnahme unterbreitete. In Kern seines Wesens Systematiker, hatte er das unübersichtliche Korpus von vielfältigen Vermögens-, Sach- und Symbolwerten thematisch untergliedert und damit den zu führenden Diskussionen vorgängig (s)eine Logik übergestülpt. Die zu behandelnden Oberthemen lauteten: Bürgerfond, Schulfond, Gebäulichkeiten, Inventar, öffentliche Plätze etc., Kirchenvermögen, Pfrundvermögen (Schulpfründen), Schwesternhaus M. Opferung und Kapuzinerkloster.[35] Zu jedem der genannten Gegenstände stellte Schwerzmann mehrere Fragen, die implizit gleich die Lösungen suggerierten, die für ihn überhaupt in Frage kamen.[36]

 

Bedenkt man, dass Schwerzmann gleichzeitig über dem kantonalen Gesetz zur Güterausscheidung brütete, das der Kantonsrat schon am 30. Dezember zur ersten Lesung vorgelegt bekommen sollte, wird im Begleitschreiben eine konkrete Strategie erahnbar.[37] Weil die «Ausscheidungsfrage» unter Umständen mit der «Büdgetirung pro 1875» zusammenhänge, sollten «wir – glaube ich – keine Zeit verlieren, derselben unsere Aufmerksamkeit sofort zuzuwenden». Ob es «möglich u. tunlich erscheint, in Sachen selbständig vorzugehen oder ob wir die grundsätzl. Regulirung der Angelegenheit durch den Cantonsrat vorerst abwarten resp. anbegehrn zu müssen glauben», werde sich erst noch weisen. Er habe sein Frageschema formuliert, um «schneller vorwärts zu kommen». Es «mache keineswegs auf Vollständigkeit Anspruch, dürfte aber doch geeignet sein, unsern Berathgn. eine bestimmte Grundlage zu geben u. sie auf diese Weise schneller vorwärts zu bringen». Er bat seine Kollegen, «ihre Antworten in Kürze schriftlich zu skizziren» und so zu ermöglichen, «auf Grundlage derselben einen Entwurf zu bearbeiten». Generös bot Schwerzmann noch an, er wolle sich «dieser Aufgabe unterziehen, sofern dies im Wunsche meiner Hrn. Collegen liegt».

 

Der in kollegialem Ton gehaltene Brief argumentierte pragmatisch, räumte ungeklärte Fragen hinsichtlich der Rechtmässigkeit des Vorgehens ein, signalisierte Bereitschaft zur Diskussion weiterer Vorschläge und machte sogar ein dienstfertiges Angebot, das die Kommissionsmitglieder wohl gerne annahmen. Zwischen den Zeilen machte das Schreiben aber mächtig Dampf, auf dass möglichst schnell Ergebnisse vorliegen würden. Dass Schwerzmann bereits einen Ausscheidungsentwurf in der Schublade liegen hatte, mit seinem Fragenkatalog das Denken der Gruppe proaktiv in die gewünschten Bahnen lenkte und damit die Bandbreite der denkbaren Antworten auf das in seinem Augen Machbare beschränkte, erwähnte er nicht. Doch es liegt auf der Hand: Die Meinungsbildung auf dem Korrespondenzweg verunmöglichte eine kontroverse Diskussion von vornherein.

 

Die Rückmeldungen der Angeschriebenen gingen zügig ein.[38] Als Letzter antwortete mit einiger Verzögerung am 29. Oktober Dominik Hess. Der Präsident der Bürgergemeinde und der Korporation hatte zwar gar nicht auf dem ursprünglichen Verteiler gestanden, aber an ihm war scheinbar nicht vorbeizukommen, und sein Wort hatte Gewicht, sodass Schwerzmann etliche seiner Argumente in seine Überlegungen einbezog. Ob sich Hess ungefragt eingeschaltet hatte, obwohl er formell gar nicht in die Kommission delegiert worden war, lässt sich nicht ermitteln. Franz Hediger hingegen blieb als frischgekürter Präsident der Einwohnergemeinde bei Schwerzmanns exklusiver Vernehmlassung aussen vor. Anders als Hess war er noch ein politisches Leichtgewicht, denn er stand erst am Anfang einer Politikerkarriere, die in drei Amtsdauern als Kantonsratspräsident im Zeitraum von 1880 bis 1894 und in der Wahl in den Nationalrat im Jahr 1889 gipfeln würde.

 

Falls auf Schwerzmanns Umfrage hin überhaupt jemals förmliche mündliche Verhandlungen oder informelle Gespräche stattfanden, fehlt von diesen jede Spur. In den regulären Sitzungen der Finanzkommission wurde die Güterausscheidung in der Folge entweder gar nicht angesprochen, oder allenfalls geführte Gespräche fanden keinen Eingang in die Protokolle.[39] Ein interessantes Dokument aus Schwerzmanns Privatakten lässt vermuten, dass er im Selbstverständnis eines Spiritus Rector zuhanden einer gemeinsamen Versammlung von Bürger- und Einwohnerrat eigenhändig eine Beschlussvorlage zusammengeschustert hat. Es handelt sich um sechs lose Seiten, auf denen er geflissentlich in Stichworten Punkt für Punkt die Standpunkte der angefragten Politiker und Funktionäre listete (Abb. 4).[40] Sollte die Materie tatsächlich nie diskutiert worden sein, hatte er bei der Interpretation der Ergebnisse ziemlich freie Hand.

 

Abb. 4 — Erste Seite der Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage von Alois Schwerzmann bei der Finanzkommission vom 6. Oktober 1874. Interessant ist der Umstand, dass von 4 «Mitgliedern» (gemeint sind die gewählten Kommissionsmitglieder) die Rede ist und «Hess» gesondert geführt wird, was die Vermutung stützt, Hess habe sich nachträglich aus eigener Initiative in das Verfahren eingemischt. Der Bleistiftvermerk «150,000 Fr.» in der linken Spalte bei der Rubrik «Bürger-Fond» dürfte Schwerzmanns Einschätzung einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Einwohnergemeinde entsprochen haben und war wegweisend für die spätere Ausscheidung. Darunter vermerkte Schwerzmann: «Luthiger will etwas mehr. Verw. Kaiser 200,000 Fr.». (Bildnachweis: StAZG P66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidungsakten, November 1874)

Ob dem so war, wird sich leider nie abschliessend beantworten lassen, denn ausgerechnet für die spannendste Phase des Prozederes reisst die Überlieferung ab. Die Güterausscheidung wird erst wieder aktenkundig am 20. November, als die Finanzkommission gemeinsam mit dem Bürger- und dem Einwohnerrat tagte. Den Vorsitz hatte Franz Hediger, der als Novize in präsidialer Funktion gleich seine ersten Erfahrungen mit der Leitung grosser Versammlungen machen konnte. Aus dem wortkargen Protokoll geht nicht hervor, ob Schwerzmann ihm dabei zur Seite stand. Denkbar war dies durchaus, denn erklärtes Ziel der Sitzung war, auf Grundlage seines Frageschemas «einen Entwurf über eine Ausscheidungs-Urkunde für die Einwohner- und Bürgergemeinde bewerkstelligen zu können».[41] Bis auf die ausgewählten Personen, die in Schwerzmanns Umfrage einbezogen gewesen waren, erschienen die meisten Magistraten wohl komplett unvorbereitet zur Sitzung, denn erst zu Beginn der Versammlung legte Landammann Schwerzmann dem Plenum «ein von ihm entworfenes und in Cirkulation gesetztes Fragen-Schema» vor.[42] Von den anschliessenden Verhandlungen wurden bedauerlicherweise nur die Beschlüsse protokolliert.

 

Das bemerkenswerteste Ergebnis war, dass vom Bürgerfond, dem Kapitalstock der Bürgergemeinde in der Höhe von 260 000 Franken, der Einwohnergemeinde 150 000 Franken zur Deckung der «Polizei- und anderweitigen Verwaltungs-Bedürfnisse» zugesprochen wurden.[43] Hier einigte man sich auf einen Kompromiss aus drei Vorschlägen, die im Vernehmlassungsverfahren gemacht worden waren. Während Dominik Hess den Bürgerfond hälftig zwischen den Gemeinwesen hätte aufteilen wollen, hätten Verwaltungsschreiber Keiser und Regierungsrat Josef Anton Bossard die ganze Summe der Einwohnergemeinde überschrieben. Kaspar Keiser als Repräsentant der Einwohnergemeinde und Kaspar Anton Luthiger als Delegierter des Bürgerrats hätten das Geldvermögen ganz der Bürgergemeinde belassen. Ein unscheinbares Detail deutet darauf hin, dass Schwerzmann persönlich eine Summe von 150 000 Franken vorgeschlagen hatte. Im Ausscheidungsentwurf, den er bereits im September zu Papier gebracht hatte war unter der Rubrik «An Fonden» in einer zuerst leer gelassenen Zeile später mit Bleistift «150,000 F.» nachgetragen worden (Abb. 5).[44] Als zusätzliche Einnahmequellen wurden der Einwohnergemeinde die Erträge aus Markt, Niederlassungs-, Kauf- und Tauschgebühren, Kanzlei- und Polizeitaxen sowie Bussen zugesprochen.[45] 

 

Abb. 5 — Ausschnitt aus der ersten Seite des Ausscheidungsentwurfs von Alois Scherzmann. Der Architekt der Zuger Güterausscheidung hatte diesen den Geschehnissen vorgreifend bereits im September 1874 niedergeschrieben. Welcher Betrag als Kapitalstock von der Bürgergemeinde an den «Polizei-Fond» der Einwohnergemeinde übergehen sollte, hatte Schwerzmann vorerst offengelassen. Wann er mit Bleistift «150,000 F.» nachtrug, lässt sich leider nicht ermitteln. (Bildnachweis: StAZG P66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidungsakten, September 1874)

Die Bürgergemeinde beanspruchte mit Ausnahme der Schulfonds das Kirchenvermögen für sich. Hingegen trat sie ohne viel Aufhebens sämtliche Gebäude und zugehörigen Inventare ab.[46] Davon ausgenommen waren jedoch die symbolträchtigen historischen Repräsentativbauten wie das Rathaus samt Akten, Protokollen, Plänen, Gerätschaften etc. sowie das Stadtkanzleigebäude mit Archiv und Wachtlokal, beide unter Vorbehalt der Mitbenutzung durch die Einwohnergemeinde und die Korporation. Dazu passt, dass auch die «Antiquitäten und Sammlungen im Zeughause und die silbernen Becher des Stadthauses» im Besitz der Bürgergemeinde verbleiben sollten.

 

Wenig überraschend gingen auch alle «öffentlichen Plätze, Anlagen, Gassen, Strassen, Seegestade, Badplätze, Wege, Brücken und Stege» sowie «alle öffentlichen, der Gemeinde gehörenden Brunnen mit ihren Quellen und Leitungen, vorbehalten die Privaten zustehenden Mitbenutzungsrechte, ebenso alle Mauern, Dammungen, Gewölbe, Dohlen u. s. w.» an die Einwohnergemeinde über, die sich lediglich bezüglich der Geissbodenstrasse den «Rekursweg hinsichtlich Übernahme und Unterhalt» vorbehielt.[47] Bei der Aufteilung der Sachwerte sicherte sich die Bürgergemeinde die historisch und symbolisch bedeutsamen Objekte und stiess im Gegenzug die Infrastrukturen, die regelmässig erhebliche Unterhaltskosten verursachten, an die Einwohnergemeinde ab.

 

Die Diskussionen, so es denn welche gegeben haben sollte, scheinen allesamt ohne grössere Verwerfungen geführt worden zu sein. Nach wochenlanger Funkstille zum Thema berichtete die Neue Zuger Zeitung am 25. November, dem Vernehmen nach hätten sich die beiden Räte am 20. November «auf Grund einer Vorlage der Finanzkommission in gemeinsamer Beratung über die Hauptpunkte in Minne» geeinigt, und Landammann Schwerzmann habe «auf Wunsch der Behörden die Redaktion des Vertragsentwurfs» übernommen, damit dieser «in Bälde den Committenten zur endschaftlichen Beratung» vorgelegt werden könne.[48] 

 

Schwerzmann dürfte sich noch am Tag der ersten Beratung an die finale Überarbeitung gemacht haben, denn die Schlussberatung des Geschäfts war auf den 28. November anberaumt worden. Per Schreiben vom 23. November ging bei Schwerzmann noch ein Änderungswunsch von Einwohnerpräsident Hediger ein, den er nicht berücksichtigte.[49] Im Gegenzug übernahm er zwei redaktionelle Anregungen von Bürger- und Korporationspräsident Hess, der in seinem Brief vom 24. November die «sehr verdankenswerte Arbeit» würdigte und erklärte, er sei «im Allgemeinen ganz damit einverstanden».[50] 

 

Zwischen dem 20. und 28. November tagte die Finanzkommission zweimal im Beisein der beiden Ratsvertreter Keiser und Luthiger, verlor dabei aber kein Wort über die Ausscheidung im Allgemeinen. Einzig wurde bei der Beratung des Budgets der Einwohnergemeinde für 1875 festgestellt, sie werde den «Unterhalt der Geissboden- u. Käminstallstrasse» kaum zu übernehmen vermögen, weshalb die Korporation dafür aufkommen solle. Weiter wurden fehlende Einnahmeposten moniert und diverse Ausgaben gedeckelt.[51] Mit Blick auf das zu erwartende Defizit würde die Finanzkommission «Bericht u. Anträge einbringen» und bis zur nächsten Sitzung beraten, «welchem Steuersystem der Vorzug zu geben sey».

 

Abb. 6 — Auch die städtischen Brunnen, 1874 waren es acht an der Zahl, gingen in den Besitz der Einwohnergemeinde über. Anstelle der städtischen Brunnenvögte war nun das Bauamt der Stadt Zug für die Sauberkeit der Brunnen verantwortlich. Der hier abgebildete Kronenbrunnen an der Neugasse war zentral für die Wasserversorgung der städtischen Nachbarschaften Weinmarkt und Schweinmarkt. Seinen heutigen Namen Schwarzmurerbrunnen erhielt er Ende 19. Jahrhundert, seinen heutigen Standort nach der spektakulären Verschiebung an den Hirschenplatz im Jahr 1969. Undatierte Aufnahme, ca. 1900. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-12.14)

Am 28. November nahmen der Bürger- und der Einwohnerrat die Stadtzuger Güterausscheidung an und lieferten Alois Schwerzmann damit das beste Argument für sein Güterausscheidungsgesetz, das der Kantonsrat in erster Lesung am 30. Dezember durchwinken würde.[52] Die Vorlage sei geeignet, «in möglichst kurzer Frist, auf dem Wege der Minne u. gegenseitiger Einigung die schwierige Frage der Güterausscheidung zwischen den einzelnen Gemeinden zum gedeihlichen Austrag zu bringen u. damit den Frieden u. die Wohlfahrt der Gemeinden neu zu fördern», glaubte Schwerzmann jedenfalls damals.[53] Durchaus mit Grund, denn die Dinge liefen gerade sehr gut, sodass sich Alois Schwerzmann am 20. Dezember entspannt zum Präsidenten der gerade neu konstituierten Kirchgemeinde wählen lassen konnte.[54] Dank minutiöser Vorbereitungen und eines raffinierten Vorgehens unter Vermeidung jeder medialen Öffentlichkeit war es gelungen, die brisante Streitsache bzw. «Quelle vielen Haders», wie die Neue Zuger Zeitung die Güterausscheidung wenig später bezeichnen sollte, als nüchternen Akt der Vernunft zu tarnen und noch vor Beginn des neuen Geschäftsjahrs durch die politischen Gremien zu peitschen, mindestens vorderhand.[55] 

Trügerische Ruhe vor dem Sturm

Im Dezember nahm der politische Betrieb seinen gewohnten Lauf. Der Einwohnerrat besorgte bis in den Januar hinein beiläufig die gewöhnlichen Verwaltungsgeschäfte, bereinigte mit der Finanzkommission das Budget für 1875, machte sich Gedanken über die Deckung des absehbaren Defizites im Gemeindehaushalt und ventilierte eine Steuererhöhung. Weil eine solche der Ratsmehrheit «unter gegenwärtigen Umständen als nicht opportun» erschien – noch hatte der Souverän dem Ausscheidungsvertrag mit der Bürgergemeinde sein Placet nicht erteilt –, wurde der Fehlbetrag über kurzfristige Anleihen sowie Streichung bzw. Vertagung einiger grösserer Ausgabenposten von 3000 auf 800 Franken reduziert, damit sich eine Steuererhöhung vermeiden liess.[56] Am 7. Januar 1875 traktandierte der Einwohnerrat die Güterausscheidung für die nächste Gemeindeversammlung vom 17. Januar.[57] 

 

Bedenkt man die elementare Tragweite der Güterausscheidung für Politik, Verwaltung und Gesellschaft, erstaunen das sichtliche Desinteresse und die Passivität der Stadtzuger Liberalen. Frei nach der Lebensweisheit les absents ont toujours tort verpassten sie es wegen ihrer Boykotthaltung von Beginn weg, ihre Interessen in den Ausscheidungsprozess einzubringen. Die vorgeschobene Begründung für die Abstinenz, es fehlten die gesetzlichen Grundlagen für die Güterteilung, verkannte die Wirkmacht des behördlichen Gruppenhandelns gewählter Kommissionen, die im Wissen um die Macht des Faktischen auch ohne gesetzliche Grundlagen neue Realitäten schaffen konnten.[58] Der einzige Liberale im inneren Zirkel mit einem gewissen Einfluss auf die Geschehnisse war Josef Anton Bossard als Mitglied der Finanzkommission gewesen. Er hätte der Einwohnergemeinde den ganzen Bürgerfond und sogar auch noch das Kirchenvermögen samt Kapuziner- und Frauenkloster, Schulpfründen und Kirchhöfen zugesprochen, stand mit dieser Haltung aber auf verlorenem Posten.[59] Und hätte er die Thematik in der liberalen Presse breitgeschlagen, hätte er im Licht der Zusammensetzung der Kommission nicht nur seinen Ruf ruiniert, sondern auch seine ohnehin bescheidene Verhandlungsmacht gänzlich verloren. So war die Güterausscheidung im Volksblatt von Anfang September bis Ende Dezember 1874, als hinter den Kulissen Nägel mit Köpfen gemacht wurden, überhaupt nicht vorgekommen.[60] 

 

Das änderte sich jedoch, je näher die allesentscheidenden Versammlungen der Bürger- und der Einwohnergemeinde rückten. Am 26. Dezember kommentierte das Volksblatt den unterdessen im Druck kursierenden Entwurf der Vermögensausscheidung, den die Gemeinderäte am 28. November verabschiedet hatten. Es konstatierte, dass «im Kantonsrat wohl bereits eine Majorität für verfassungsmässige Fortexistenz der Bürgergemeinden gesichert» sei, obwohl «die Bürgergemeinden in der Mehrheit der zugerischen Gemeinden keinen Boden mehr haben und kein Bedürfnis mehr sind».[61] Am 30. Dezember, am Tag der ersten Lesung des Güterausscheidungsgesetzes im Kantonsrat, konterte die Neue Zuger Zeitung giftig und monierte, der Gesetzgeber «habe etwas sorgfältiger das bisherige Eigentum der Bürger Gemeinde in Betracht zu ziehen. Wir vermögen nicht einzusehen, wie die Einwohnergemeinde, das fremde Kind im Hause, so grossmütig in das Erbe der Familie zugelassen und auf Kosten der rechtmässigen Nachfolger der wirklichen Erwerber und Eigentümer so freigebig ausgestattet werden will». Es sei «eine Generosität, die wir nicht begreifen», dass «Vermögensgegenstände, die keinen Ertrag gewähren, z. B. Löschgerätschaften, Brunnen, Uhren etc., ohne Wertanschlag an die Einwohner-Gemeinde abgetreten werden müssen».[62] 

 

Am 16. Januar 1875, dem Vortag der Gemeindeversammlungen, verschärfte sich die Tonlage abermals. Die Neue Zuger Zeitung beschwor die «konservative Zuger Politik», nicht als eine der ersten die «Gemeindewesen in Trümmer» zu schlagen, durch die «der Kanton Zug seine würdige und glorreiche Geschichte erworben» habe.[63] Der «Erblasser, die Bürgergemeinde», sei «noch nicht todt» und schon streite «man sich um deren Vermögen» und entwerfe «den Teilakt in ihrer Gegenwart». Bisher hätten «Nichtbürger durch teuren Einkauf das Bürgerrecht, resp. Miteigentum und Verwaltungsrecht an den bürgerlichen Fonds erwerben» müssen. Sollte nun wirklich «über Nacht durch eine blosse Gesetzesbestimmung» dieses Recht «jedem Herlaufenden gratis zugeworfen werden?» Und könne man tatsächlich einfach so die Schulfonds wegschenken, die von ihren frommen Stiftern niemals errichtet worden wären, wenn man ihnen gesagt hätte, ihr «Geld werde einst an einer Schule verwendet, wo der Pfarrer nicht mehr hinein darf, wo von Christus und seinem Reiche nichts mehr gelehrt und gehört werden kann?» Dürften diese Gelder wirklich «an die Schulen des Neuheidentums eigentümlich abgetreten werden? – Hoffentlich nicht!», schloss der Artikel rhetorisch.

 

Das Volksblatt vom gleichen Tag beschwerte sich darüber, dass der Vertragsentwurf der beiden Räte zwar «gedruckt und ausgeteilt worden» sei.[64] Doch leider sei dem Entwurf weder «ein gedruckter Bericht beigegeben», noch könne man ihn mit den «Rechnungen vergleichen, auf welche er sich stützen soll». So frage sich, warum die Einwohnergemeinde «einen Polizeifond» von ausgerechnet 150 000 Franken erhalte. Wie hoch demgegenüber der bürgerliche Fond sei, könne «der Vorlage nicht entnommen werden». Es wäre besser, die Ausscheidung zu verschieben, da ein Tag später der Kantonsrat das fragliche Gesetz beraten werde und so auch Zeit zur Veröffentlichung eines Berichts zur Vorlage bleibe, «damit Jeder aus Überzeugung dafür oder dagegen stimmen kann».

 

Wie sehr Volkes Seele brodelte, spürten offenkundig auch die Entscheidungsträger. Warum sonst hätte Bürgerpräsident Dominik Hess bereits am 9. Januar angeregt, «Landammann Schwerzmann beliebt zu machen, dass er als mit den Ausscheidungsverhältnissen am besten vertraut eine mündliche oder schriftliche Berichterstattung über die Gemeindeausscheidung an nächste Gemeinde übernehme»?[65] Doch auch mit dem Kapitän auf der Brücke standen die Zeichen auf Sturm.

 

Abb. 7 — Ausgerechnet Alfred Wyss, der Wortführer der Liberalen und Schreck der Konservativen, hatte 1870 von der Gemeinde den geschichtsträchtigen Huwilerturm für 2020 Franken ersteigert, machte vom Abbruchrecht, das ihm die Bürgerversammlung mit 121 gegen 115 Stimmen eingeräumt hatte, aber keinen Gebrauch. Der Turm blieb bis 1956 in Privatbesitz, als er zusammen mit der angrenzenden Liegenschaft «Daheim» an die Katholische Kirchgemeinde und von dieser an die Einwohnergemeinde Zug verkauft wurde. Undatierte Aufnahme, ca. 1890. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-19.42)

Schiffbruch vor dem Souverän

Am Tag der Entscheidung war Schwerzmann nicht in Bestform. Was das «oratorische Redegeschick» anging, galt er «unbestritten als der beste zug. Redner seit langer Zeit».[66] Wie «ausgesprochen accentuiert, hell und klar» er dachte, redete er normalerweise auch. Glaubt man der Rückschau des Volksblattes von Ende Januar, hatte er sich am ominösen 17. Januar vom ersten Wort an auf «Parteiboden» gestellt, «die längste Zeit nur von den Konservativen und den Liberalen» geredet und «seinen Getreuen wieder den liberalen ‹Bölimann›» vorgeführt.[67] Es erstaune, dass man «diesen Mann des Friedens, des gleichen Rechts und der sachlichen Behandlung par excellence, auf solchen Nebenwegen erblickte», die «das gemeinsame Zusammenwirken aller Parteien zum Gemeindswohl» untergraben. Wenig überraschend kam es zu «einigen Scharmützeln und Plänkeleien».

 

Zuerst tagte die Bürgergemeinde, die den Ausscheidungsvertrag auf Antrag von Martin Anton Keiser («a. Verhörr. Kaiser im Hof»), einem angesehenen Konservativen, und von Alfred Wyss, dem Wortführer der Stadtzuger Liberalen und Redaktor des Volksblattes, nach «längerer Diskussion» zur «nochmaligen Durchberatung u. Antragstellung» an eine «Elfer-Commission» überwies.[68] In die Kommission wurden die Präsidenten des Einwohner- und des Bürgerrats, die drei Mitglieder «der eigent. Finanzcommission», die beiden Antragssteller Keiser im Hof und Wyss sowie vier weitere Ortsbürger gewählt.

 

Gleich anschliessend an dieses Erdbeben versammelte sich die Einwohnergemeinde, die seit ihrer letzten ergebnislosen Wahlversammlung am 30. August 1874 nie mehr zusammengekommen war. Zuerst genehmigte das Plenum die Verkleinerung des Stadtrates, denn es sei «beinahe unmöglich» gewesen, den Rat auf «die von der Gemeinde beschlossene Zahl von 7 Mitgliedern zu ergänzen».[69] Deshalb wolle man es «einstweilen mit 5 Mitgliedern versuchen». Unter dem nächsten Traktandum wies sie den Ausscheidungsvertrag zurück und ergänzte die von der Bürgergemeinde eingesetzte Kommission um zwei Niedergelassene. Die Neue Zuger Zeitung wunderte sich rückblickend über das ebenso konziliante wie kooperative Vorgehen der Einwohnergemeinde in dieser Frage. Sie hätte erwartet, die Einwohner würden «zur Prüfung der Vorlage» ein anderes Gremium bevollmächtigen, zumal die von der Bürgergemeinde benannte Kommission «ihrem Ursprung gemäss hauptsächlich die Interessen der Bürger» wahrnehmen würde.[70] 

 

Zu reden gab ein Antrag von Alfred Wyss, der die Kommission auch die Frage prüfen lassen wollte, ob bei der Ausscheidung zwischen Korporation und Bürgergemeinde die Interessen der Einwohnergemeinde «gewahrt worden oder noch zu wahren seyen».[71] In den Worten des Protokollanten war die im Juni 1874 getroffene Vereinbarung jedoch ein «fait accompli» und hatte mit der Einwohnergemeinde «nichts zu schaffen». Ausgerechnet Josef Anton Bossard, Regierungsrat und Parteigenosse von Wyss, argumentierte, «ein Zurückkommen auf bereits in Kraft erwachsene Verträge» wäre «sehr sonderbar», worauf der Vorschlag von Wyss «mit allen gegen eine Stimme» abgelehnt wurde und der Antragsteller zuhanden des Protokolls eine Protestnote deponierte.[72] Doch damit nicht genug: Wyss erklärte auch, «der Einwohnergemeinde gehöre die Zukunft». Deshalb reichten die 150 000 Franken nicht aus, die «der Einwohnergemeinde als Polizeifond angeboten» worden seien.

 

Schwer zu durchschauen sind die Strategien, mit denen Schwerzmann sein Ausscheidungsprojekt zu retten versuchte. Offenkundig verstand er in der Hitze des Gefechts intuitiv richtig, dass seine Vorlage vor dem Souverän im Moment keine Chance hatte. Dies nicht zuletzt, weil sich die Räte «nicht die Mühe gegeben hatten, ihre Vorlagen durch Begründungen näher zu beleuchten», wie das Volksblatt in seiner Manöverkritik bemängelte.[73] Warum sich Schwerzmann aber dem Antrag von Martin Keiser und Alfred Wyss anschloss, obwohl die beiden aus vollkommen gegensätzlichen Gründen nicht auf den Ausscheidungsentwurf eintreten und eine Kommission mandatieren wollten, in der sich widersprüchliche Standpunkte gegenseitig blockieren würden, ist schwer erklärbar.[74] Mit seinem Antrag, «es solle diese Kommission nur aus der Bürgerschaft» und «kein Mitglied der Räte gewählt werden», versuchte er wohl auf Zeit zu spielen.[75] Vordergründig klang diese Idee wie ein unbedingtes Bekenntnis zur Demokratie und zur Mitbestimmung von unten. Das Volksblatt hingegen gab zu bedenken, die Ausscheidung könnte so auf den «Weg des Wirrwarrs, der Verzögerung und der Reiberei» geraten. Es sei undenkbar, dass «eine solche Bürgerkommission ohne Kenntnis des Materials, ohne nähere Einsicht in die Rechnungsverhältnisse und ohne die praktische Führung von Leuten, die schon längst im Amte sind und die Zustände kennen, etwa leicht und ohne grossen Zeitaufwand» arbeiten könnte. Niemand wusste besser als Schwerzmann, dass die Bürgerrevolte ins Leere laufen würde, wenn das umstrittene Geschäft in die Hände von Laien gelegt würde.

 

Am Tag nach den denkwürdigen Versammlungen segnete der Kantonsrat Schwerzmanns Ausscheidungsgesetz in der zweiten Lesung mit 46 zu 2 Stimmen ab.[76] Für den Baarer Politiker Oswald Dossenbach, den unerbittlichsten Kritiker der Güterausscheidung, war rückblickend klar, dass die Kantonsräte aus der Stadt in der Ratsdebatte ihre «bereits angewandten Grundsätze» aufrecht erhalten und durchbringen mussten, weil «die in Zug bereits fast zur Endschaftlichkeit durchgeführte Ausscheidung» den Gesetzesentwurf wesentlich beeinflusst hatte.[77] 

 

Abb. 8 — Der Pulverturm, 1522 errichtet und 1532 möglichweise erhöht, bildet den südöstlichen Eckpunkt der Stadtbefestigung. Er diente, wie es der Name impliziert, der Aufbewahrung von Schiesspulver. Daneben lagerte die Stadt im mächtigsten der ursprünglich sechs Rundtürme aber  auch Ziegel, Mauersteine, Kalk und Bauholz. Die undatierte Aufnahme zeigt prominent das kantonale Zeughaus von 1896 und die 1897 eingebrachte Uhr im Kirchturm von St. Oswald – aber noch nicht die Tramlinie von 1907. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-21.5)

In der Stadt war punkto Ausscheidung die Luft fürs Erste draussen. Am 21. Januar nahm der Einwohnerrat zur Kenntnis, Quartierhauptmann «Friedr. Spillmann» habe sich aus der Kommission des Bürgerrats zurückgezogen.[78] Gleichzeitig forderte er den Bürgerrat auf, das erste Treffen der ad hoc einberufenen Kommission anzuberaumen. Der Bürgerrat seinerseits schob den schwarzen Peter am 30. Januar an «Hr. Fürsprech Wyss» weiter. Weil er «das erste Mitglied benannter Commission resp. Erstgewählter sey», solle er «die 13er Commission sobald als möglich» aufbieten.[79] Wyss wiederum erklärte am 13. Februar, die Präsidenten des Bürger- und des Einwohnerrates «seyen die zuerst Gewählten» und müssten die Kommissionsarbeit in Gang bringen, worauf Bürgerpräsident Hess einräumte, er die habe die Kommission «besammeln wollen», sei dabei «jedoch auf Schwierigkeiten gestossen».[80] 

 

Es war banal und offensichtlich: Warum sollten die gleichen Gremien, welche den von der Finanzkommission vorgeschlagenen Vertragsentwurf nicht einmal zwei Monate vorher willfährig und kritiklos angenommen hatten, jetzt plötzlich die Initiative zu neuen Verhandlungen ergreifen? Und Wyss dürfte als Liberalem geschwant haben, dass er ein schlechteres Verhandlungsergebnis riskierte, wenn er in der Kommission allein gegen eine Phalanx konservativer Ortsbürger antrat, die alle einschlägigen Organe dominierte.

 

Elegant aus der Affäre zog sich Einwohnerpräsident Hediger, indem er den Einwohnerrat am 14. März von der Einwohnergemeinde ermächtigen liess, «die Geschäftsführung auf Grundlage des an die 13er Commission überwiesenen Ausscheidungs-Entwurfs provisorisch fortzusetzen».[81] Als Oswald Dossenbach Ende 1875 sein Pamphlet gegen die Güterausscheidung verfasste, konnte er immer «noch von keinem Bürger erfahren», ob «die Ausscheidung endlich definitiv beendigt sei».[82] Da dränge sich die Frage auf, ob «die Regierung durch die Vorgänge in der Stadt Zug in eine Klemme gedrängt» sei, «wo sie nicht rückwärts kann, noch vorwärts darf»?

Einrichten im Providurium

Wie oft die ominöse 13er Kommission tatsächlich tagte, bleibt unklar.[83] Trotzdem machte sich die Einwohnergemeinde an die Budgetberatung, ohne über eigene Mittel zu verfügen.[84] Sie stritt dabei u. a. über die Aufteilung der Besoldung des Schreibers zwischen der Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinde, wobei in Zukunft auch über eine inhaltliche Entflechtung der Zuständigkeiten bzw. eine Reorganisation der Kanzlei nachzudenken wäre. Das Volkblatt hätte es noch lieber gesehen, wenn auch «die Frage der personellen Trennung der verschiedenen Gemeindskanzleien oder wenigstens die einer teilweisen Trennung» diskutiert worden wäre.[85] 

 

Wie es die Finanzkommission im November des Vorjahres vorausgesehen hatte, weigerten sich die Einwohner, für den Unterhalt der beiden Strassen auf den Kaminstall (Chämistal) und auf den Geissboden aufkommen zu müssen. Sie stellten sich damit gegen einen eigenmächtigen Spontanbeschluss, den die Korporation am 14. Juni 1874 gefasst hatte, als sie die Ausscheidung mit der Bürgergemeinde verabschiedet hatte (vgl. oben).[86] Beispielhaft für den Zeitgeist stand ein Antrag unter der Rubrik «Strassenwesen», der die «Beseitigung der den Verkehr hemmenden St. Nikolauskapelle» verlangte, weil diese «volle 8 Fuss in die Landstrasse» hineinragte und deshalb viele «Verkehrsstörungen und Beschädigungen» verursachte. Um Zinskosten für kurzfristige Kredite zur Bestreitung der laufenden Kosten in der Höhe von 600 Franken zu sparen, schlug das Präsidium vor, die Gemeindesteuern künftig in zwei Raten einzuziehen. Nach «längerer Discussion» lehnte die Mehrheit dieses Ansinnen ab, weil «Niemand gerne steure und männiglich dieses unangenehme Geschäft so weit als möglich im Jahre hinausschiebe», wie die Neue Zuger Zeitung bemerkte.[87] 

 

Ausserdem wurde nach den rechtlichen Grundlagen einer Zahlung von 360 Franken an das Kapuzinerkloster gefragt. Die Auskunft des Rates, es handle sich um «eine freiwillige, durch das alljährliche Jahresbüdget zu bestimmende Vergabung», befriedigte das Volksblatt nicht.[88] Schon im Vorfeld hatte es moniert, dieser Ausgabeposten sei «unerklärlich». Entweder sei die Kirchgemeinde zuständig oder die Bürgergemeinde, «da letztere die Klostergebäulichkeiten beansprucht». Spätestens wenn einmal die «totale Trennung der verschiedenen Gemeindegüter vollzogen» sei, dürfte dieser Posten, «unter der Rubrik ‹allgemeine Verwaltung›, überflüssig werden, da die Einwohnergemeinde kaum viel Uebriges zum Schenken haben» werde.[89] 

 

Als dieser Betrag auch im Budget für 1876 wieder auftauchte, wollte ihn der liberale Kantonsrat Caspar Landtwing streichen, weil «die Einwohnergemeinde nicht bloss aus Katholiken, sondern auch aus Protestanten u. Israeliten bestehe» und Artikel 48 der Bundesverfassung verbiete, die Stimmbürger Steuern für Kultuszwecke anderer als der eigenen Konfession zahlen zu lassen.[90] Nachdem Bürgerpräsident Hess argumentiert hatte, «die wenigen in unserer Gemeinde wohnenden Protestanten u. Israeliten» seien «gewiss nicht dagegen», wenn «eine arme Familie, die schon seit Jahrhunderten in unserer Gemeinde gewirkt habe», weiterhin unterstützt werde, stimmte das Plenum für die Beibehaltung der Spende. Auch 1877 entflammte nochmals die gleiche «kleine Kulturkampf-Scene», wie die Neue Zuger Zeitung die Interventionen von «Fürspr. Zürcher» und vom nimmermüden Alfred Wyss taxierte.[91] Die beiden wiederholten die bestens bekannten Argumente der Konfession und der fehlenden rechtlichen Grundlagen. Diesmal widersprach kein Geringerer als «Herr Landammann Schwerzmann», der ins Feld führte, «so lange er an den öffentlichen Angelegenheiten Anteil nehme», hätten sich «Protestanten oder Juden» noch nie über den fraglichen Beitrag beschwert. «Hr. Kts.-Richter Moos-Siegwart» doppelte unter Verweis auf die «wahren Tendenzen der Antragsteller» nach. «Herr Stadtrat Lutiger» lobte das «wohltätige Wirken des Kapuzinerklosters in Bezug auf Beköstigung Armer und Bedürftiger». Im Anschluss an dieses katholisch-konservative Sperrfeuer erreichte der Antrag von Zürcher gerade mal «7–8, der diplomatischere von Wyss 4–5» Stimmen.[92] Bis die grossen Brocken der historischen Bürgergüter verteilt waren, kämpften die gegensätzlichen Interessenträger auf Nebenschauplätzen heftig um Weltanschauungen bzw. um symbolträchtige Kleinbeträge.

 

Abb. 9 — 1595 kamen die Kapuziner nach Zug, wo ihnen der städtische Rat durch Stadtbaumeister Jost Knopfli das zwei Jahre später fertig erstellte, einzige Kloster innerhalb der Stadtmauer errichteten liess. Seit 1874 befindet sich die bis heute zentral und doch verborgen gelegene Klosteranlage im Besitz der Bürgergemeinde Zug. Die Kapuziner zogen 1997 aus; ihren Platz nahm 2000 die Gemeinschaft der Seligpreisungen ein. Undatierte Aufnahme, ca. 1900–1910. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-14.8)

Die Zeit der provisorischen Finanzhaushalte würde sich bis zur endgültigen Ausscheidung im Jahr 1878 hinziehen, und bis dahin waren noch etliche Hindernisse zu überwinden. Die höchste Hürde begründete sich in Artikel 6 des Ausscheidungsgesetzes vom 18. Januar 1875.[93] Diesem zufolge musste das Kapital von Fonds, deren Erträge für öffentliche, ortsbürgerliche und/oder kirchliche Zwecke verwendet wurden, «den verschiedenen Ansprüchen» entsprechend ausgeschieden werden. Die jeweiligen Anteile sollten anhand der Beträge errechnet werden, die in den letzten fünf Verwaltungsperioden durchschnittlich für die fraglichen Zwecke ausgeschüttet worden waren. Ein Durcheinander im Stadtzuger Rechnungswesen, das auf ein Verfahren wegen allzu freihändiger Geschäftsführung des damaligen Steuereinnehmers und zweiten Stadtschreibers Alois Bossard im Jahr 1868 zurückging, verunmöglichte die zügige Abwicklung dieser eigentlich rein mathematischen Prozedur.[94] Weil mit Bossards Amtsbürgen während vielen Jahren keine befriedigende Übereinkunft getroffen werden konnte, fehlten in den Jahresabschlüssen belastbare Angaben zum tatsächlichen Stand des Vermögens.

 

Am 14. März 1875 konnte die Bürgergemeinde endlich die Gemeinderechnung von 1872 genehmigen, und am 18. August berichtete die Neue Zuger Zeitung, die Finanzkommission habe nun auch die Rechnung von 1873 «sämmtlich gefertigt» und die «Uebersicht der Vermögensbestände» samt zugehörigen Akten dem Bürgerrat und der Rechnungskommission übergeben.[95] Am 13. September 1875 übersandte der Einwohnerrat den erst provisorisch in Kraft gesetzten Ausscheidungsvertrag an den Regierungsrat mit der Erklärung, mit der definitiven Ausscheidung wolle man noch zuwarten, bis die Rechnungen von 1873 und 1874 abgeschlossen seien, «damit die Verteilung der Fonde besser vor sich gehen könne».[96] 

 

Die «Uebersicht der Rechnungen und Voranschläge pro 1874» erschien dann erst im September 1877 im Druck.[97] Dieses Werk habe «in der Tat etwas lange auf sich warten» lassen, doch seien die «Ergebnisse der Verwaltung noch weit günstiger» ausgefallen als jene für 1873, fand die Neue Zuger Zeitung und hoffte, dass «der seit 1868 ziemlich verfahrene Wagen endlich wieder in’s richtige Geleise zurückgeführt und darin erhalten werde». Der Bürgerrat setzte umgehend eine «Rechnungsgemeinde» für den 7. Oktober an.[98] 

 

Zur Vorbereitung des grossen Tags nahm der Bürgerrat am 6. Oktober zuerst die Anträge der Rechnungskommission bezüglich der 1874er Rechnung «ableslich» zur Kenntnis.[99] Gleich nachher folgte ein Schreiben von Verwaltungsschreiber Keiser, seines Zeichens «Capital-Cassaverwalter», Mitglied der Finanzkommission und Initiant der Ausscheidung zwischen Korporation und Bürgergemeinde im Mai und Juni 1874. Er verlangte, die «1873er u. 74er Cap.Cassa-Rechnung» zur neuerlichen Prüfung «an eine Spezialkommission zu überweisen». Die Bürgerversammlung vom 7. Oktober wies den Antrag Keisers jedoch ab, genehmigte die Rechnung von 1874, erklärte die «bis jetzt auf provisorischen Verträgen beruhende Ausscheidung mit der Kirch- u. Einwohnergemeinde» einstimmig für definitiv angenommen und sprach der Finanzkommission zuhanden des Protokolls ihren Dank aus für «ihre vielfachen u. schwierigen Arbeiten u. Bemühungen für Wiederordnung des aus den 60er Jahren gestörten Gemeindehaushaltes».[100] 

 

Die Einwohnergemeinde würde über die «Ausscheidungs-Angelegenheit» am 23. Dezember beraten.[101] Das Volksblatt vom 19. Dezember 1877 echauffierte sich darüber, dass die Güterausscheidung plötzlich wieder zur Debatte stehe. Offenbar habe «man gewisser Orts» vergessen, dass sich die «13er Kommission über sehr wichtige, die Steuerkraft der Stadtgemeinde höchst schwer treffende Grundsätze» nicht habe einigen können.[102] Jedoch sei sie einstimmig zum Schluss gekommen, «dass es zur Zeit klüger sei, die auseinander gehenden Ansichten nicht sofort zum Austrag zu bringen, sondern ein Provisorium einzurichten». Abweichende Ansichten bestanden namentlich hinsichtlich der Geldsumme, welche die Bürgergemeinde der Einwohnergemeinde abtreten sollte, sowie über die Zuständigkeiten der Einwohnergemeinde in der einzigen öffentlichen Mädchenschule im Kloster Maria Opferung. Für das Volksblatt waren diese Fragen nach wie klärungsbedürftig, weshalb «alle Interessenten besser» daran täten, «die Sache so zu belassen, wie sie ist. Und dies um so mehr, als die angedeuteten Punkte so wichtiger Natur sind, dass man die Sache am nächsten Sonntag nicht nur so über’s Knie abbrechen kann». Ausserdem wäre es angebracht, wenn der «Stadtrat der Bürgerschaft seine Anträge gedruckt mit Bericht» unterbreiten würde, wie er es oft tue, auch wenn «es sich um viel weniger handelt als hier».

 

Die Neue Zuger Zeitung berichtete am gleichen Tag von angeblichen Geheimplänen der Liberalen. Dem «Vernehmen nach» beabsichtige «der ‹Leseklubb› im Bellevue, der sich, analog der bekannten Bescheidenheit seiner tonangebenden Mitglieder, als liberale ‹öffentliche Meinung› aufspielt, bei dieser Gelegenheit etwas in Kulturkampf zu machen».[103] Zuerst sollte wieder einmal der «Beitrag an’s Kapuzinerkloster» angegriffen werden.

Showdown um das Kloster Maria Opferung

Zur allseitigen Überraschung passierte der Obolus an die Kapuziner die Versammlung «unbeanstandet».[104] Hingegen schickten sich Liberalen an, einen «Sturmlauf gegen das Frauenkloster Maria Opferung und die von demselben geleiteten Mädchenschulen in Scene» zu setzen.[105] Am 20. Dezember erklärte sich der Einwohnerrat mit dem Ausscheidungsvertrag vom 28. November 1874 «im Allgemeinen» einverstanden.[106] Mit dem Kantonsgerichtspräsidenten und gewesenem Ständerat Karl Anton Landtwing war 1877 jedoch eine gewichtige Stimme aus dem liberalen Spektrum in das Gremium gewählt worden. Sekundiert von einem nicht namentlich genannten Ratsmitglied postulierte er, gemäss der Liquidationsurkunde vom 9. März 1804 stehe das Eigentum am Kloster Maria Opferung der Einwohnergemeinde zu, weshalb die Gemeindeversammlung über zwei unterschiedliche Anträge abstimmen solle.

 

Abb. 10 — Das Kloster Maria Opferung geht auf eine schon im 13. Jahrhundert nachweisbare Beginenansiedlung bei der Pfarrkirche St. Michael zurück. Mitte 16. Jahrhundert schlossen sich die Schwestern dem Orden des heiligen Franziskus an. 1606–1607 legte Stadtbaumeister Jost Knopfli, wie schon bei den Kapuzinern, den Grundstein für die Klosteranlage. 1657 wurde in den Gebäulichkeiten eine Mädchenschule eingerichtet. Auf der Aufnahme zu sehen ist das Klostergebäude aus dem 17. Jahrhundert (Mitte), das 1861–1863 errichtete neue Schulhaus (links) sowie das Mädcheninstitut von 1889/90 (rechts). Undatierte Aufnahme, ca. 1890–1905. (Bildnachweis: StadtA Zug, P.88-23.4)

Die Konservativen sahen in dieser Forderung eine unerhörte Provokation, vermuteten sie als Motiv dahinter doch das unentwegte liberale Bestreben, ein konfessionsfreies Schulwesen zu etablieren. Die Neue Zuger Zeitung wetterte, der Plan sei «leicht zu durchschauen», gehe es «im Grunde doch nur darum, die Leitung der Mädchenschulen den bewährten Händen der Klosterfrauen bei M. Opferung zu entreissen und selbe weltlichen Lehrkräften in der Hoffnung zu übergeben, die Schule den Zwecken eines glaubenslosen Liberalismus zugänglicher und dienstbar zu machen».[107] Damit flackerte ein brisantes Thema wieder auf, das bereits 1874/75 kontrovers verhandelt worden war. Schon damals hatte das Volksblatt verlangt, die öffentliche Mädchenschule «bei Maria Opferung» müsse gemäss Artikel 27 der Bundesverfassung von «den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit besucht werden können».[108] Am Vortag der Versammlung erklärte es nun, die Klosterschulen würden kaum «noch länger in dieser Form» geduldet, «wenn sich das Kloster seinen finanziellen Verpflichtungen an die Schule zu entziehen trachte».[109] 

 

Hier wurde ein zweites Motiv erkennbar. Tatsächlich hätten die Liberalen gerne das ganze Klostergut dem Schulfond der Einwohnergemeinde einverleibt. Die Gemeinderechnung von 1872 verbuchte den Wert des Klosters Maria Opferung mit 476 000 Franken, was mehr als dem Dreifachen des Polizeifonds der Einwohnergemeinde in der Höhe von 150 000 Franken entsprach.[110] Nicht umsonst vertrat das Volksblatt die Auffassung, die Stadt könnte «grössere Fonds wohl brauchen, da sie ja beinahe 2/3 ihrer Auslagen mit Steuern decken» müsse und sich «deshalb aus lauter Armut manche wichtige und allgemein nützliche Unternehmung» nicht auszuführen traue.[111] 

 

Aus der Sicht der Neuen Zuger Zeitung stand hinter den Begehrlichkeiten gegenüber dem Kloster Maria Opferung der «nackteste Materialismus», der in «Quintessenz der ganzen Religion» die «Annexion von Stiftungen und Kirchenvermögen» sowie die «gewaltsame Wegnahme von Kirchen» bezwecke.[112] Um den Vorwurf abzuwehren, es lägen solchen Forderungen «kommunistische Eigentumsbegriffe zu Grunde», werde «aus dem Kanzleistaub ein Aktenstück herausgehoben», welches das Eigentumsrecht der Stadtgemeinde am Klostergut in Artikel 6 «sonnenklar beweisen soll». Die Liquidationsurkunde vom 9. März 1804 eigne sich jedoch nicht, «uns Vertrauen zu der Gerechtigkeit des Entscheides über das Eigentum des Klosters Maria Opferung einzuflössen», sei doch die Liquidationskommission ein Organ der Helvetischen Republik gewesen, zu deren Zeit die französischen Revolutionstruppen alle Gemeinden und Kantone «gründlich ausgeplündert» hätten, sodass diese in eine bedenkliche finanzielle Lage geraten seien.

 

Am Vortag der Versammlung mobilisierten beide Seiten nach Kräften. Die Konservativen, damit «der radikale Plan vereitelt werde».[113] Die Liberalen wiederum wollten «den drohenden Schaden von der Gemeinde wenden und ihre Rechte beschützen».[114] Die Debatte vom 23. Dezember 1877 verlief dann ganz nach Drehbuch:[115] Die Granden der Stadtzuger Konservativen votierten geschlossen für den Erhalt des Klosters in der bisherigen Form. Einwohnerpräsident Hediger sprach sich für die Umsetzung des Ausscheidungsvertrags vom 28. November 1874 aus, der dem Kloster sein Vermögen beliess. Regierungsrat und Bürgerpräsident Hess bedauerte, dass «mit kalter Hand in das Frauenkloster eingegriffen werden» sollte und verwies auf die Geschichte des Klosters, das im 14. Jahrhundert gegründet worden sei, seit 1650 «aus eigenen Mitteln» öffentliche Schule gehalten habe und einzig 1760 von der Stadt ein zinsfreies Darlehen über 12 000 Gulden bekommen und dieses später wieder zurückbezahlt habe. Der Antrag Landtwing spekuliere «auf das Vermögen des Klosters», das «für die Gemeinde unsäglich Vieles geleistet» habe, sodass die Ortsbürger diesen aus «Dankgefühl» ablehnen müssten. Landschreiber Keiser bedauerte, dass «man von Teilung des Klostervermögens auch nur spreche». Das Kloster gehe «die Einwohnergemeinde, die aus Christen, Juden und Heiden bestehe, nichts an». Als langjähriges Schulkommissionsmitglied habe er «Gelegenheit gehabt, die Bereitwilligkeit des Klosters zu konstatiren. Bürger, die ein Gewissen haben, könnten nicht zum Antrag Landtwing und Wyss stehen!» Auch Landammann Schwerzmann verwies auf die ruhmreiche Geschichte des Klosters, ging auf die «heute vielfach citierte Urkunde» ein, indem er ihre Aussagekraft unter Hinweis auf den gelebten Status quo relativierte. Schliesslich mahnte er dringend «zur Verständigung, damit nicht ohne alle Not das bisherige, in seinen Wirkungen so segensreiche Verhältnis zwischen Gemeinde und Kloster eine Trübung und Störung erleide und neudrohender Hader mit seinen tiefgreifenden Folgen rechtzeitig ferngehalten und gebannt werde. Das walte Gott!»

 

Von liberaler Seite verteidigte Karl Anton Landtwing seinen Antrag, indem er die Eigentumsrechte gemäss der Liquidationsurkunde von 1804 gewahrt wissen wollte. In der Praxis werde sich an der Stellung der Schule und des Klosters gegenüber der Einwohnergemeinde nichts ändern. Jedoch sei zu bedenken, welche Last die Gemeinde «einmal treffen würde», wenn sie dereinst das Mädchenschulwesen übernehmen müsse. Spätestens dann werde sich die Einwohnergemeinde vorwerfen, ihre Rechte nicht beizeiten gewahrt zu haben. Alfred Wyss verwahrte sich gegen den Vorwurf, der Leseklub habe beschlossen, dem «dem Frauenkloster zu Leibe zu gehen, ihm das Schulhalten zu verunmöglichen» und «es sogar aufzuheben». Man müsse sich das Klostervermögen aber rechtzeitig sichern für den Fall, dass «eidgenössischerseits gegen die Klöster und deren Schulen» vorgegangen werde. Deshalb wolle man es mit dem Kloster halten, «wie mit einer alten Verwandten, die man zu beerben hoffe, an welcher Einem zwar Dies und Das nicht gefalle, man aber dazu die Augen zudrücke». Weil das Kloster der Stadt gehöre, sei es «auch gleichgültig, ob dessen Vermögen der Bürger- oder Einwohnergemeinde zugestellt werde». Mit der Regelung im Ausscheidungsvertrag habe die Stadt gegenüber dem Frauenkloster aber «keine Gewalt in Händen, sie sei auf blosse Benutzung der Schulen und den guten Willen der Bürgergemeinde angewiesen, statt dies als Recht fordern zu dürfen». Würde einmal die Trennung der Schulen vollzogen, könne es passieren, dass die Einwohnergemeinde «eine jährliche Mehrbelastung» von rund 15 000 Franken zu tragen haben werde, «während das Kloster gänzlich entlastet bliebe». Auf den beschwichtigenden Einwurf von Alois Schwerzmann, im Fall einer derartigen Veränderung werde die Einwohnergemeinde auf die «Loyalität der Bürgergemeinde» zählen können, entgegnete Wyss, es komme ihm «eigentümlich» vor, «wenn man immer von Freundschaft sprechen wolle, aber es dann nicht über’s Herz bringe, die Rechte der Einwohnergemeinde auch nur vorzubehalten. Ihm gelte Geschriebenes mehr als das blosse Wort».

 

Es kam, wie es kommen musste, denn der Angriff der Liberalen auf die Bastion des katholischen Befindens war von vornherein aussichtslos gewesen. Ihre Anträge kamen nur auf einen Drittel der Stimmen. Wie schon in der denkwürdigen Versammlung vom 17. Januar 1875, als einer seiner Anträge mit allen gegen eine Stimme abgelehnt worden war, blieb Wyss auch dieses Mal nichts anderes übrig, als zuhanden des Protokolls Rechtsverwahrung zu erklären.[116] 

 

Wer hat, dem wird gegeben. Die Kirchgemeinde als heimliche Gewinnerin

Alois Schwerzmann hatte gerade erfolgreich die Ausscheidung zwischen der Zuger Bürger- und der Einwohnergemeinde aufgegleist und sein spruchreifes Ausscheidungsgesetz vom Regierungsrat zuhanden des Kantonsrats absegnen lassen, als er sich am 20. Dezember 1874 zum ersten Präsidenten der neu aus der Taufe gehobenen Kirchgemeinde wählen liess.[117] Offenkundig war seine Mission, für die ihm besonders bedeutsamen Belange das Maximum herauszuholen, noch nicht vollumfänglich erfüllt. Zu klären blieb nämlich noch, wie viel die Bürgergemeinde von ihren Finanzmitteln der Kirche abtreten sollte. Bereits am 13. Februar 1875 beriet der Bürgerrat einen von Kirchgemeindepräsident Schwerzmann übermittelten Vertragsentwurf.[118] 

 

Im April berichtete die Neue Zuger Zeitung, die beiden Räte seien übereingekommen, der Kirche sollten die Kirchen, Kapellen, Pfrundhäuser, der Friedhof sowie die «speziellen kirchlichen» Fonds überschrieben werden.[119] Der Bürgerrat wünsche einzig, dass die Summe von 40 000 Franken, welche die Bürgergemeinde der Kirchgemeinde «für die kirchlichen Bedürfnisse» überweisen sollte, noch nicht definitiv festgelegt werde. Ferner stand zur Diskussion, ob der Friedhof nicht besser von der Einwohnergemeinde übernommen würde. Diesen Einwänden zum Trotz nahm die Kirchgemeinde vom 25. April den Vertrag mit nur zwei Gegenstimmen an, räumte jedoch ein, die Höhe des von der Bürgergemeinde auszuhändigenden Kapitalstocks solle später nachverhandelt werden.

 

Am 6. Juni tagte die Bürgergemeinde. Das Volksblatt erklärte am Tag vor der Versammlung, warum der reichen Kirchgemeinde noch 40 000 Franken geschenkt werden sollten, «begreifen wir nicht».[120] Es scheine, der «bekannte Sack sei auch in der neuesten Zeit noch ohne Boden». Wenn die Bürgergemeinde getreu dem Sprichwort handle, dass «geben seliger sei als nehmen», werde sie das Geld auszahlen. Wenn «sie aber ihre Interessen in’s Auge» fasse, werde sie davon absehen. In der Versammlung selber gab das Thema viel zu reden, denn laut der Neuen Zuger Zeitung hatten die Liberalen alles «aufgeboten, um das Eintreten auf den Entwurf zu hintertreiben und die Ausscheidung [...] auf das Jahr 1876 zu verschieben».[121] Um dies zu verhindern, kämpfte die politische Nomenklatur der Stadt wie ein Mann dafür, auf die Materie einzutreten. Ein Triumvirat aus Landammann Schwerzmann, Regierungsrat Bossard und Bürgerpräsident Hess zerlegte «eingehend» die Anträge und Argumente der drei Liberalen Caspar Landtwing, Alfred Wyss und Gustav Adolf Keiser. In der anschliessenden Abstimmung wurde mit «grosser Mehrheit» Eintreten beschlossen. Die «gleichen Opponenten» empfanden auch die im Vertragsentwurf vorgesehenen 40 000 Franken «zu hoch». Ihr Antrag, einstweilen gar keinen Betrag zu definieren, wurde mit «bedeutender Mehrheit» abgelehnt und «der ganze Ausscheidungsvertrag definitiv angenommen». Bei «bedeutend gelichteten Bänken» nahm die Bürgergemeinde «nach kurzer Verhandlung» auch noch den Voranschlag für 1875 an, wie ihn der Bürgerrat vorgeschlagen hatte.

 

Abb. 11 — Mit seiner Wahl zum Kirchgemeindepräsidenten setzte Alois Schwerzmann am 20. Dezember 1874 den Schlusspunkt seiner langen und erfolgreichen Politikerkarriere. Als Kirchenratspräsident gewählt war der Kirchenratskandidat mit den meisten Stimmen. Mit 169 von 171 Stimmen war Schwerzmanns Vorsprung auf Carl Kaspar Weiss (167) und Johann Blunschi /166) allerdings äusserst klein. (Bildnachweis: KiA Zug, B.10.1)

Ein nicht ganz nebensächliches Argument der Opposition hatte die Neue Zuger Zeitung in ihrer Berichterstattung unterschlagen: Die liberalen Wortführer hatten laut Volksblatt nämlich darauf insistiert, die Bürgergemeinde könne gar keinen abschliessenden Beschluss über eine Ausscheidung fassen, denn sie sei gar «nicht im definitiven Besitze ihrer Güter», weil die Ausscheidung zwischen der Einwohner- und der Bürgergemeinde erst provisorisch vollzogen sei.[122] Es gehe nicht an, etwa «das Zurlauben-Pfrundhaus definitiv an die Kirchgemeinde» zu verschenken, solange es «von der Einwohnergemeinde für sich selbst gefordert werde».

 

In der Nachlese der besagten Versammlung streute die Neue Zuger Zeitung am 12. Juni Asche auf ihr Haupt und gab zu, in der letzten Nummer seien «die Motive der Opposition als politisch und kirchenfeindlich» taxiert worden.[123] Dies treffe aber nicht zu, denn der von der Bürgergemeinde akzeptierte Verteilschlüssel habe sich nachträglich «als ein nicht annehmbares Haushaltungssystem qualifizirt». Der Kapitalbestand der Bürgergemeinde betrage um die 250 000 Franken, wovon «dem Erblasser, der Ortsbürgergemeinde», nach Abzug der 190 000 Franken, die für die Einwohner- und die Kirchgemeinde gesamthaft gesprochen worden seien, noch 60 000 Franken blieben. Die Kirchgemeinde hingegen verfüge über ein Gesamtvermögen von 430 000 Franken. In Relation zu den laufenden Kosten könnte die Kirchgemeinde ihr Budget «ganz gut aus eigenen Mitteln decken» und bräuchte von der Bürgergemeinde nicht 40 000 Franken zusätzlich zu verlangen, zumal letztere neben ungedeckten Haushaltungsauslagen auch noch «das Kapuzinerkloster mit Allem, was drum und dran hängt» und demnächst auch noch höhere Spitalbesoldungen und Baukosten zu bestreiten haben werde.

 

Dieses Eingeständnis kam (zu) spät. Am 22. Juli reichte der Regierungsrat den Ausscheidungsvertrag, den ihm der Bürgerrat überschickt hatte, an die Verwaltungskommission zur Prüfung weiter.[124] Diese prüfte die Vereinbarung zwischen der Bürger- und der Kirchgemeinde unter dem Vorsitz von Alois Schwerzmann, der genau diesen Vertrag erst Anfang Jahr höchstselbst eingefädelt hatte. Am 12. August genehmigte der Regierungsrat die Ausscheidung auf Antrag der Verwaltungskommission.[125] Schwerzmann hatte ganze Arbeit geleistet und für die Kirchgemeinde das Optimum herausgeholt, und er nahm es bis zum Schluss ganz genau. Am 9. Juli 1878 notierte die städtische Finanzkommission, die Kirchenverwaltung verlange rückwirkend noch 81,92 Franken «als Ausgleich zwischen der Einwohner u. Kirchgemeinde für die im Jahre 1876 erfolgte Ausscheidung des Vermögens der beiden Uttinger-Pfründen».[126] 

Langer letzter Aufwisch und die Folgen

Als der Regierungsrat am 31. Januar 1878 die Güterausscheidung zwischen der Bürger- und der Einwohnergemeinde endlich endgültig genehmigte, hatten deren beide Ratsgremien längst bestimmt, wer ihre Interessen bei der praktischen Abwicklung der Ausscheidung wahrnehmen würde. Die Bürgergemeinde delegierte die Konservativen Kaspar Anton Luthiger und Theodor Keiser, die Einwohnergemeinde die Liberalen Josef Anton Bossard und Christian Weiss.[127] Die Unterhändler hatten insbesondere zu klären, wie der «Anteil am sog. Säckelamts-Fonde» in der Höhe von 150 000 Franken in «Titeln an den Einwohnerrat abzugeben» sei. Die diesbezüglichen Schwierigkeiten lagen auf der Hand: Die besagte Summe lag nicht in liquiden Mitteln in der Kasse der Bürgergemeinde, sodass die «Werttitel des Polizeifondes» zuerst einer gründlichen Sicherheitsprüfung unterzogen werden mussten.

 

Bereits am 1. Februar genehmigte der Einwohnerrat den fraglichen Bericht, wahrte sich aber alle Rechte, falls sich «unter den zugewiesenen Wertschriften falsche oder verrufene Titel befinden sollten».[128] Dies durchaus mit Grund, denn am 4. Februar musste der Bürgerrat feststellen, die «dubiosen Posten» im Wertschriftenverzeichnis hätten «für die Abtretung keinen Anklang» gefunden.[129] Am 7. März teilte Bürgerpräsident Hess mit, die Delegierten der Räte hätten den «Fondzuteilungsvertrag» nun unterzeichnet.[130] Trotzdem musste sich die Finanzkommission im Juli nochmals einschalten, damit die «definitive Werttitel-Ausscheidung vorgenommen» und der Einwohnergemeinde die ihr zustehenden Mittel «endlich verabfolgt werden».[131] Die abschliessende «Gültenverifikation im Archiv u. deren Ausscheidung» fand dann erst im Spätsommer statt.[132] 

 

Unabhängig davon, wann genau die Kapitalien tatsächlich ihren Besitzer wechselten, interessiert die zahlenmässige Bilanz der Güterausscheidung bzw. die Frage, wie es im Vergleich um die finanziellen Verhältnisse der drei Zuger Gemeinden und der Korporation bestellt war. Die Finanzkommission wusste bereits im Juli 1878, dass die Rechnung für die Einwohnergemeinde durchzogen ausgefallen war. Zwar seien ihr 150 000 Franken zugesprochen worden, für diverse Bauvorhaben, den Ankauf des alten Spitals und Enteignungsverfahren habe sie aber bereits mehrere Anleihen bezogen, sodass «das ihr zugeschiedene Vermögen eigentlich nur Fr. 55759,89 Cts.» betrug.[133] Dieser Umstand wirkte sich selbstverständlich negativ auf den Gemeindehaushalt aus. Im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss für 1878 nannte das Volksblatt rund anderthalb Jahre später auf den Rappen genau den gleichen Betrag, um zu erklären, warum die faktischen Kapitalerträge der Gemeinde mit 2531,92 Franken die budgetierten Einnahmen um 3968,08 Franken unterschritten.[134] 

 

Die von Alois Schwerzmann retrospektiv zusammengestellten Vermögensstände untermalen den gerade rekapitulierten Einzelbefund zur Ertragslage der Einwohnergemeinde.[135] Sie belegen zudem die im ersten Teil dieser Serie geäusserte Vermutung, den konservativen Vordenkern sei es in der Güterausscheidung um die «Wahrung der historischen Besitzstände» gegangen.[136] Ende des 19. Jahrhunderts betrugen die Anteile der Kirch- und der Bürgergemeinde am städtischen Gesamtvermögen je einen knappen Viertel. Die Einwohnergemeinde, die von allen Gemeinden den höchsten Mitgliederbestand aufwies, hatte mit 9,8% im Jahr 1875 schon schlecht angefangen und sank bis 1896 auf einen Anteil von 6,5%. Zu diesem Vermögen gehörten auch die diversen Immobilien und Infrastrukturen, die mit der Güterausscheidung an die Einwohnergemeinde übergegangen waren und seither mit Unterhaltskosten die Stadtkasse belasteten. Dies übrigens ganz nach dem Geschmack von Bürgerpräsident Dominik Hess, der schon im Oktober 1874 zu verstehen gegeben hatte, er sehe nicht ein, warum sich die Bürgergemeinde «noch mit solchem für sie nurmehr ziemlich unnützen Ballast befassen» solle.[137] 

 

Abb. 12 — «Zusammenzug» des Kirchen-, Bürger, Einwohner und Korporationsgutes für den Zeitraum von 1843 bis 1896. Obwohl sich Alois Schwerzmann 1880 aus dem Regierungsrat und 1891 aus dem Kantonsrat verabschiedet hatte, sammelte er als manischer Dokumentalist weiterhin jede Menge Daten, wobei er sich für alle möglichen Dinge interessierte. Er galt als bis ins kleinste Detail informierter Finanzpolitiker, sodass die in diesem «Zusammenzug» ausgewiesenen Zahlen der realen Verhältnissen entsprochen haben dürften, auch wenn die Rappenbeträge in der Tabelle eine schwer zu überprüfende Genauigkeit der Angaben suggerierten. (Bildnachweis: StAZG P66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 84, Gemeinde-Verwaltung, Zusammenzug Vermögen 1843–1896, 15. Dezember 1896)

Abb. 13 — Diagramm auf der Grundlage des von Alois Schwerzmann gemachten Zusammenzugs des Kirchen-, Bürger, Einwohner und Korporationsgutes für die Jahre 1843, 1865, 1875 und 1896.

Am meisten profitiert hatte in der Güterausscheidung die Korporation, die 1875 mit 46,6% fast die Hälfte aller Besitztümer zu behaupten vermochte und in den folgenden zwei Jahrzehnten einen beträchtlichen Vermögenszuwachs verzeichnete. Dieser verdankte sich wohl dem Umstand, dass stadtnahe Landwirtschaftsflächen im Zuge der Stadterweiterung zu wertvollem Bauland wurden und entsprechend an Wert gewannen. Die definitive Ausscheidung zwischen der Korporation und der Bürgergemeinde vom 14. Juni 1874 hatte bekanntlich sämtliche Weiden, Wälder und Fischenzen, mithin sämtliche Bioressourcen und damit den Kernbestand des Erbes der historischen Bürgerschaft bzw. der alten Stadtgemeinde der Korporation überantwortet.[138] 

 

Die Perspektive des 21. Jahrhunderts mag dazu verleiten, den Wert dieser Güter zu unterschätzen. Bedenkt man jedoch, dass kleinstädtische Haushalte bis weit ins 20. Jahrhundert existentiell auf eine Mischwirtschaft von Gewerbe, Gartenbau und Sammelwirtschaft angewiesen blieben und auch Mast- und/oder Zugtiere hielten, lässt sich die ökonomische Bedeutung der Naturressourcen besser ermessen.[139] Ausserdem alimentierten sich Gemeindehaushalte traditionell nach Möglichkeit aus Erträgen des Gemeindelandes, um die Steuern tief zu halten.[140] 

 

Ihre üppige materielle Ausstattung erlaubte es der Korporation, regelmässig Geld an ihre Mitglieder zu verteilen. Am 4. Juli 1875 entschied die Vollversammlung, den «Erlös aus verkauftem Land und Holz» in der Höhe von zirka 20 000 Franken an die Genossen auszuschütten.[141] Den Antrag von Einwohnerpräsident Hediger, davon 3000 Franken für «wohltätige Zwecke» zu spenden, lehnte die gleiche Versammlung ab. Hingegen sollte künftig «jeder majoräne männliche und weibliche Genosse 30 Fr. und der minoräne 10 Fr. als jährlichen Forstnutzen erhalten», sofern «er zwischen dem 35. und 72. Grad nördlicher Breite und 8–82 Grad östlicher Länge seinen Wohnsitz hat und rechtzeitig aus irgend einem europäischen Winkel ein Lebenszeichen» sende. Laut Volksblatt wurden 1878 nach dem gleichen Schlüssel rund 58 000 Franken an etwa 2500 Genossen verteilt. Dazu kam später im Jahr noch der «Allmendnutzen».[142] 

 

Im Sommer 1899 debattierte die Korporation darüber, den Erlös aus Landverkäufen in der Höhe von 100 000 Franken an die Mitglieder zu verteilen.[143] Gegen den Vorschlag, der Einwohnergemeinde davon 30 000 Franken abzutreten, votierten Holzhändler Mathias Stadlin und Major Uttinger-Ineichen. Letzterer meinte, man könnte sogar 160 000 Franken verteilen, ohne das Vermögen zu schmälern. Alt Ständerat Keiser riet dazu, «der Einwohnergemeinde nichts, dafür aber etwas der historischen Bürgergemeinde» zu geben, weil sie «das schöne Rathaus mit grossen Kosten renoviert» habe, für die «Waisen, Armen und Kranken» einstehe und «uns aufnimmt, wenn wir hinfällig werden». Dagegen wendete der liberale Stadtpräsident Silvan Stadlin ein, bei der Gemeindeausscheidung hätten «Korporation- und Bürgergemeinde das Vermögen» genommen und die Einwohnergemeinde «die Lasten» bekommen, die zudem stets grösser würden. Erfülle sie ihre Aufgaben, ermögliche dies «den Bürgern wie sämtlichen Einwohnern ein besseres Fortkommen», sodass «hinfällige Bürger ihrer Gemeinde» seltener «zur Last fallen» würden. Die Einwohnergemeinde habe das Geld nötiger als die Bürgergemeinde, weshalb es seine Pflicht als Einwohnerpräsident sei, «an den Grossmut und an den edeln Sinn der Korporationsgenossen zu appellieren und sie an das seit der Vorstadt-Katastrophe wiederholt gegebene Versprechen auf Verabfolgung eines Beitrages zu erinnern». Er hoffe, die «Genossengemeinde» werde «ihr gegebenes Versprechen endlich einlösen und nicht wortbrüchig werden». Daraufhin gab Verhörrichter Hess mit Unterstützung von Karl Josef Weber zu bedenken, die Korporation sei «weder der Einwohner- noch der Bürgergemeinde etwas zu geben verpflichtet». Nach weiteren Wortmeldungen der gleichen Art stimmte die Versammlung für die Verteilung von 100 000 Franken an die Genossen und lehnte einen Beitrag an die Gemeinden rundweg ab. Einmal mehr setzte sich das jahrhundertealte Nutzungsdenken durch. Unmittelbar nachher fand «eine allgemeine Desertion» statt, sodass die übrigen Traktanden «bei ganz minimer Teilnahme schnell abgewickelt» waren.

Fazit und Ausblick

Lässt man die Befunde dieses Beitrags Revue passieren, fallen folgende Aspekte auf:


– Egoistisches Nutzungsdenken, das vormoderne Privilegiengemeinschaften charakterisierte, regierte offenkundig auch noch im ausgehenden 19. Jahrhundert.


– Die im Frühsommer 1874 blitzschnell vollzogene Finalisierung der Ausscheidung zwischen der Korporation und der Bürgergemeinde erreichte ihren eingangs unterstellten Zweck in der langen Dauer voll und ganz.


– Auch wenn der in Hinterzimmern ausgehandelte Ausscheidungsvertrag zwischen der Bürger- und der Einwohnergemeinde zuerst vor dem Souverän scheiterte, wurde er drei Jahre später tel quel umgesetzt. Den Verantwortlichen dürfte schon im Moment der Niederlage intuitiv klar gewesen sein, dass die Strategie des Aussitzens zwingend zum Erfolg führen musste, weil die Gemeindebehörden ihre Geschäftstätigkeit längst aufgenommen hatten und die ungeregelten Finanzverhältnisse irgendwann satthaben würden.


– Übers Ganze gesehen bestimmte in der Güterausscheidung der Stadt Zug ein kultureller Konservatismus die Tonart. Die Interessen der katholischen Kirche und der Korporationsgenossen waren jederzeit unstrittig, denn das Milieu der Alteingesessenen sorgte sich um den Fortbestand der Religion der Vorväter und der Nutzungsgemeinschaften alten Herkommens. In diesem Licht sind auch die symbolpolitischen Grabenkämpfe um altehrwürdige katholische Institutionen wie das Frauen- und das Kapuzinerkloster zu sehen.


– Niedergelassene meldeten sich in den geschilderten Kontroversen überhaupt nicht zu Wort. Ihre Interessen unmittelbar tangierende Themen wie beispielsweise der Ausbau des Schulwesens oder eine gerechtere Verteilung der Steuerlast wurden von freiheitlich und fortschrittlich gesinnten Einheimischen aus dem liberalen Spektrum vertreten.


– Die Liberalen standen mit ihren Anliegen jedoch grundsätzlich auf verlorenem Posten. Zum einen manövrierten sie sich mit ihrer wiederholten Boykottpolitik ins Abseits. Zum andern schenkten ihre Leitfiguren und ihr Leibblatt der Güterausscheidung zu wenig Aufmerksamkeit und brachten sich stets zu spät ein. Überdies unterschätzten sie wiederholt die Wirkmacht des lokalen Machtarrangements, der hegemonialen Wertehaltungen und der katholischen Kultur als gesellschaftlichem Humus. Josef Anton Bossard, der einzige liberale Regierungsrat und Vertreter in den einschlägigen Kommissionen, lavierte zwischen den Fronten und verlegte sich notgedrungen auf zweischneidige Strategien der Ohnmacht, um seine Reputation und Glaubwürdigkeit in Regierungskreisen nicht zu gefährden. Zu guter Letzt gelang es den Liberalen auch schlecht, die Niedergelassenen für ihre Belange zu mobilisieren.[144] 


Eine besondere Würdigung verdient schliesslich Alois Schwerzmann, dessen Überzeugungen und Ziele die Gesetzgebung, das politische Aushandeln und das behördliche Handeln in den beschriebenen Vorgängen massgeblich prägten. Vor dem Hintergrund seiner biografischen Erfahrungen versuchte er als Mastermind der Güterausscheidung gesellschaftlichen Verwerfungen vorzubeugen, die er bei der Bewältigung der delikaten Materie zu Recht befürchtete.


Um das kommunale Institutionengefüge in der Stadt und im Kanton Zug halbwegs friedlich umzugestalten und dabei trotzdem die geerbten Gemeingüter der Eingesessenen weitestmöglich zu bewahren, handelte der gewiefte Taktiker Schwerzmann einerseits strategisch raffiniert im Hintergrund. Dank der Intuition des Berufspolitikers sowie umfassender Kenntnisse von Land und Leuten zum einen, des Verwaltungsgetriebes und der örtlichen Finanzverhältnisse zum andern gelang es ihm, die Güterausscheidung in der Stadt und das kantonale Ausscheidungsgesetz an den politischen Institutionen und Parteien sowie an der medialen Öffentlichkeit vorbei zeitgleich und passgenau aufzugleisen. Er gab die Federführung nie aus der Hand und spielte die beiden Parallelprozesse synchron durch, ohne dass jemandem aufgefallen wäre, wie der schiere Lauf der Dinge zuerst Wechselwirkungen, dann Sachzwänge und zu guter Letzt vollendete Tatsachen produzierte.


Andererseits verstand es Schwerzmann, die ihn betreffenden Wahlgeschäfte sowie die administrativen und parlamentarischen Prozeduren rund um die Güterausscheidungen in Zug (und in allen Gemeinden des Kantons) so vorzubereiten und zu steuern, dass er als Landammann sowie als Präsident der kantonalen Verwaltungskommission, der städtischen Finanzkommission und des Kirchenrats am Ende alle einschlägigen Positionen besetzte, von denen aus er bald vermittelnd, bald dirigierend sämtliche Entscheidungen beeinflussen konnte, die für die Ausscheidungen von Belang waren. Dabei scheute er sich nicht, im entscheidenden Moment seinen Status, sein Charisma und den Respekt auszuspielen, den er in der Stadt (und im Kanton) genoss. Wurden in Versammlungen kritische Fragen aufgeworfen, bügelte er diese mal mit rhetorischen Mitteln, mal kraft der Autorität seiner Person ab.[145] 


Um über Jahrhunderte gewachsene Strukturen umzubauen und die damit verbundenen Verteilkonflikte gleichsam vom Schreibtisch in der Amtsstube aus zu moderieren, brauchte es souveräne Persönlichkeiten mit Weitblick, welche die Dinge besonnen und gelassen vom Ende her zu denken vermochten. Genau diese Eigenschaften erlaubten es Schwerzmann, anlässlich der beiden ausser Kontrolle geratenen Gemeindeversammlungen vom 17. Januar 1875 selbst im Angesicht der Agonie die Contenance zu wahren und sogar die Bildung einer Kommission zu befürworten, die seinen langfristigen Zielen diametral zuwiderlief, und so als Musterdemokrat zu glänzen.


Doch Schwerzmanns Ambitionen als konservativer Revolutionär gingen über die blosse Reorganisation der kommunalen Haushalte hinaus. Die Güterausscheidung markierte bloss einen unverzichtbaren Schritt beim Umbau des frühneuzeitlichen Gratisstaates in einen modernen Steuer- und Verwaltungsstaat, wie er dem Finanzpolitiker Schwerzmann vorschwebte.[146] Eine leistungsfähige Administration kam auf Dauer nicht ohne stetige Einnahmen, verlässliche Finanzplanung mit zugehörigen Steuerungsinstrumenten sowie ein zeitgemässes Rechnungswesen aus.


Die Rechenschaftsberichte des Regierungsrates dokumentieren, dass diesbezüglich im Kanton Zug in und seit der Zeit der Güterausscheidungen (1874–1886) beträchtliche Fortschritte erzielt wurden.[147] ​​​​​​​Davon und von den gegenläufigen Tendenzen, die den Visionen von Alois Schwerzmann als Vordenker und Promotor einer neuen Verwaltungskultur entgegenwirkten, wird der dritte und letzte Teil dieser Serie handeln.


Endnotenverzeichnis

 

1. Vgl. Schläppi, Konstituierung.

2. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Beschreibung der Güterausscheidung zwischen Ortsbürgergemeinde und Korporation in 8 Akten von der Hand von Alois Schwerzmann (nach 14.6.1874, undatiert).

3. StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874.

4. Zuger Volksblatt [ZV], 29.12.1877.

5. Die folgenden Ausführungen nach Speck, Entstehung der Korporation.

6. Vgl. Matter, Kanton Zug, S. 62f. – Eine ausführliche Würdigung und Einordnung von Schwerzmanns Einfluss auf die Zuger Politik insbesondere in der hier behandelten Zeitspanne findet sich in einem Kastentext im ersten Teil dieser Serie (vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 5f.).

7. Grundzüge für Ausscheidung der korporativen, bürgerlichen und politischen Verhältnisse in der Stadtgemeinde Zug. Von G. A. Keiser, Bern 1849.

8. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75 Ausscheidungsakten 1848–1859, 1874–1875. 1848/1851, Protokoll der Ausscheidungskommission, 14.6.1849. – Alois Schwerzmann hatte Kaspar Keiser («Dr. Kaiser-Muos»), damaliger Stadtarzt und 1874 eine Schlüsselfigur bei der Konstituierung der Bürger- und der Einwohnergemeinde sowie in der Güterausscheidung, also schon als Korporationsschreiber ganz zu Beginn seiner beruflichen und politischen Laufbahn kennengelernt und dessen volles Vertrauen genossen (vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 13).

9. Vgl. Kommissionalbericht und Antrag an die Korporations-Bürgergemeinde von Zug über die Ausscheidungs-Frage, gedruckt im März 1858, S. 12.

10. Vgl. Neue Zuger Zeitung [NZGZ], 19.6.1858.

11. Vgl. NZGZ, 12.11.1859, 19.11.1859.

12. Der streitbare Baarer Politiker Oswald Dossenbach kommentierte in einer 1875 veröffentlichten Streitschrift rückblickend die Bemühungen um die Ausscheidung zwischen der Bürgergemeinde und der Korporation Ende der 1850er Jahre und meinte, damals hätten «nur Vollblutsbürger um die Ausscheidung von Gütern» gestritten, «an denen sie alle gleich nutzungsberechtigte Eigentümer waren». Es sei ihnen bloss darum gegangen, wie sie «ihr vererbtes Gut» ordnen, in «welche Truhe sie diese Vermögen legen und unter welchem Titel sie selbe verwalten und nutzen» wollten. Der «Zulass Fremder in die Mitbenutzung des bisher ausschliesslich bürgerlichen Eigentums» habe damals nicht zur Diskussion gestanden. Im Licht des Umstands, dass es mehr als 25 Jahre dauerte, bis die fragliche Ausscheidung «unter ausschliesslich bürgerlichen Elementen» erledigt werden konnte, könne man sich die «gemeinsame Frontstellung beider Parteien vorstellen», wenn nun «Nichtbürger, resp. eine Einwohnergemeinde neuesten Schlages» ihre Ansprüche geltend machen würden. Anhand von Zitaten aus dem 1858 im Druck erschienenen «Kommissionalbericht» (vgl. oben) rekapitulierte Dossenbach, die von Sprecher Alois Schwerzmann vertretene Kommissionsmehrheit habe seinerzeit befürchtet, das Bürgergut könnte dereinst «in Mitbesitz und Mitgenuss von Nichtbürgern geraten». Deshalb habe sie es als ihre «hl. Pflicht» angesehen, alle Güter in den «engern Schanzen» der «Korporations-Bürgerschaft zur wahren» und ihr deshalb gleich auch noch das «Klosterfrauen-Vermögen und das Capuzinerkloster» als «ausschliessliches Eigentum» zuschreiben wollen (Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 27f., 30–32). – Eine kritische Würdigung des Pamphlets aus der Feder Dossenbachs findet sich bei Matter, Kanton Zug, S. 174f.

13. Bei näherem Hinsehen waren die vordergründig nebulösen Vorgänge gar nicht so «wundersam», wie man prima vista vermuten würde. Mit dem Begriff «Mitberatung» brachte die Protokollsprache Schwerzmanns tatsächliche Rolle in der fraglichen Versammlung von Bürger- und Einwohnerrat vom 16. Juli 1874 wohl nicht ganz auf den Punkt. In seinen Privatakten findet sich ein zweifelsfrei von seiner Hand stammendes Papier, das im Wortlaut identisch ist mit den im Protokoll zum Traktandum «Geschäftsausscheidungen» festgehaltenen Beschlüssen der gemeinsam versammelten Räte. Die gewählten Volksrepräsentanten ergänzten bloss noch das Markt- und Feuerpolizeiwesen, das Schwerzmann in seiner Aufzählung der jeweiligen Zuständigkeiten vergessen hatte. Ein pikantes Detail an besagtem Papier ist der Eintrag unter «III.», der die Räte aufforderte, für die Güterausscheidung eine «Finanz-Commission zu ernennen, in welcher jeder Rat seine spezielle Vertretung haben soll» (StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 16.7.1874; StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, auf den 16.7.1874 datierte Notiz von Alois Schwerzmann). Offensichtlich genoss Schwerzmann nicht nur allgemeinen Respekt, sondern galt aufgrund seiner Sachkompetenz in einschlägigen Kreisen nachgerade als unverzichtbar. Dass er (in anderer Lesart der Quelle) in der Versammlung in Echtzeit wortgetreu mitgeschrieben hätte, ist sehr unwahrscheinlich. Er hätte sich wohl auf Stichworte beschränkt, wie er es in anderen Notizen auch zu tun pflegte (vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 76). – Zur Finanzkommission vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 16–18.

14. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 17.5.1874.

15. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.5.1874. – Zu Fragen der zeitgenössischen Behördenbezeichnungen vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 7.

16. Dazu passt, dass der Kantonsrat im Vorfeld der Verfassungsrevision von 1876 entschied, die Korporationen endgültig zu privatisieren. Der Verfassungsentwurf fand beim Stimmvolk zwar eine Mehrheit. Die Privatisierung der Korporationen scheiterte aber am Quorum und stand seither nicht mehr zur Debatte (vgl. Matter, Kanton Zug, S. 217f.; Speck, Entstehung der Korporation, S. 96).

17. Speck, Entstehung der Korporation, S. 94. – Diesbezüglich verräterisch ist ein Schreiben von Korporationsschreiber Keiser an Alois Schwerzmann vom 11. Oktober 1874. Schon oft sei die Ansicht geäussert worden, so Keiser, «die Einwohnergemeinde dürfe nicht als Aschenbrödel behandelt werden», und überblicke man, was die Stadtgemeinde «zu verwalten» haben werde, so würden «ihr die Hunderttausende des Gemeinds- oder Burgerfondes abzutreten sein». Mit dem Rest werde «die Bürger-Gmde schon fahren können; ihr werden in Zukunft die Burgereinkaufssummen, Lehenzinsen von Objekten und grösseren Verwaltungsvergütungen nachhelfen». Keiser war sich des absehbaren Finanzbedarfs der Einwohnergemeinde sicher schon im Mai und Juni 1874 bewusst gewesen, als das Kapitalvermögen der Korporation noch zur Disposition stand (StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Jakob Keiser an Alois Schwerzmann, 11.10.1874). Hinsichtlich der Land- und sonstigen Naturressourcen ist zu bedenken, dass Naturalbezüge für Bürgerhaushalte von existenzieller Bedeutung und entsprechend wertvoll waren, weil deren Auskommen bis weit ins 20. Jahrhundert zu einem Teil auf landwirtschaftlichen Erträgen beruhte (Holz, Früchte und Nüsse von Allmendbäumen, Gärten, Kleinvieh, Zugtiere etc.).

18. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 3.6.1874.

19. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 8.6.1874.

20. Dass der «Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug», den die Buchdruckerei Blunschi innert kürzester Frist aufgelegt hatte, zusammen mit anderen Ausscheidungsakten seinen Weg ins Privatarchiv von Alois Schwerzmann fand, ist bezeichnend für dessen Denk- und Arbeitsweise. Die handschriftlichen Initialen «AS» auf der Titelseite und der Bleistiftvermerk «Vor Bürger- u. Corp Gmde 14. Juni 1874» stehen für die Gründlichkeit und den Dokumentationsdrang von Alois Schwerzmann in Verwaltungsangelegenheiten (vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75).

21. NZGZ, 17.6.1874.

22. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 14.6.1874. – Das Ansinnen, der Einwohnergemeinde den Unterhalt der Geissbodenstrasse aufzubürden, war etwas unverfroren, denn Anfang der 1850er Jahre hatte die frisch gegründete Korporation ihrem Mitglied Johann Peter Weiss an schönster Lage auf dem Zugerberg das Grundstück Geissbodenegg verkauft und dieses auf seinen Wunsch auch noch mit der ersten direkten Verbindung von der Stadt auf den Berg erschlossen, wo Weiss, Touristikpionier erster Stunde, die schmucke Pension «Felsenegg» errichtete (vgl. Raschle, Weidgang, S. 164; zum Zuger Tourismus und zur «Felsenegg» vgl. zuletzt Greeff, Vermarkten, Vernetzen und Verschönern, S. 177, 194).

23. NZGZ, 17.6.1874.

24. Vgl. NZGZ, 20.5.1874, 23.5.1874, 27.5.1874, 30.5.1874, 3.6.1874, 6.6.1874, 10.6.1874, 13.6.1874; ZV 20.5.1874, 23.5.1874, 27.5.1874, 30.5.1874, 3.6.1874, 6.6.1874, 10.6.1874, 13.6.1874, 17.6.1874. – Das öffentliche Interesse an den Zuger Korporationen hielt sich generell in Grenzen. Auch die kantonalen Aufsichtsbehörden schöpften ihre Befugnisse hinsichtlich des Finanzgebarens der Korporationen nicht aus. Laut der Kantonsverfassung von 1894 hätten die Korporationsgüter als unteilbares Gut in ihrem Bestand erhalten werden müssen. Entgegen dieser Vorgabe verteilte die Korporation Zug 1899 unter den Genossen 100 000 Franken, die aus Enteignungen und Landverkäufen anlässlich des Baus der Bahnlinie Zug-Goldau angefallen waren, was die zuständige Regierung tolerierte (vgl. Speck, Entstehung der Korporation, S. 97; ZV, 6.6.1899, 8.6.1899).

25. ZV, 20.06.1874.

26. Beim Finanzvermögen der Korporation in der Höhe von ca. 212 000 Franken handelte es sich keineswegs um einen Bagatellbetrag. Der «Gemeinde- oder Bürgerguts-Fond», aus dem die Einwohnergemeinde bei der erst noch zu vollziehenden Ausscheidung mit 150 000 Franken alimentiert würde, belief sich auf ca. 260 000 Franken (vgl. Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug, 1874, S. 4, 6). Gemäss Historischem Lohnindex (HLI) beliefen sich allein die Geldreserven der Korporation auf weit über 10 Millionen (1 Franken im Jahr 1874 entspricht 53 Franken im Jahr 2009; vgl. swistoval.ch, 31.10.2023).

27. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 30.9.1874.

28. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Beschreibung der Güterausscheidung zwischen Ortsbürgergemeinde und Korporation in 8 Akten von der Hand von Alois Schwerzmann (nach 14.6.1874, undatiert); Mappe 74, Sammlung von handschriftlich erstellen Protokollauszügen der Bürger- und der Einwohnergemeinde. – In Schwerzmanns Hinterlassenschaften findet sich die Schwyzer Zeitung vom 12. Dezember 1857 mit Unterstreichungen, die von ihm selber stammen dürften. Es ging um eine Auseinandersetzung betreffend die Ausscheidung zwischen Korporation und Bürgergemeinde, in der «Hr. Ldschbr. und Ständerat Schwerzmann» seinen Widersachern «mit einer Festigkeit» entgegentrat, «die allein die Achtung und Kenntnis der historischen und gesetzlichen Rechte und die tiefe Einsicht in die Verhältnisse der Gemeinde geben kann». Solches Lob schmeichelte seinem Adressaten offenkundig, sodass er auch noch den folgenden Passus unterstrichen hatte: «Die Ehre des Tages aber blieb dem Hrn. Ständerat Schwerzmann. Er entwand den Gegnern die scharfen Waffen und schlug sie mit den eigenen; sein Sieg war vollständig» (Schwyzer Zeitung, 12.12.1857).

29. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 56, Berichte der Gemeinden betr. Fonds & Verwendung (mit Antwortschreiben in chronologischer Folge von: Unterägeri, 2.5.1874; Baar, 4.5.1874; Walchwil, 7.5.1874; Steinhausen, 14.5.1874; Cham, 16.5.1874; Hünenberg, 3.7.1874, mit Angaben vom 31.12.1872; Oberägeri, 22.7.1874; Neuheim, 25.7.1874). Nicht alle diesbezüglichen Zusammenstellungen wanderten in Schwerzmanns Privatbestände. Jene der Gemeinde Risch vom 11.5.1874 findet sich in der Aktensammlung, die der Regierungsrat zur Güterauscheidung anlegte (vgl. StAZG CC 8.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter in den Jahren 1875–1886).

30. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 56, wo sich folgende Gesetzestexte finden: Ausscheidungs-Urkunde über das Vermögen, die Gerechtsamen und Beschwerden zwischen der politischen und der Ortsgemeinde Rapperschwyl, 2.2.1836; Gesetz über die gerichtliche Ausmittlung und Festsetzung des Zweckes der Gemeindegüter, Bern, 17.10.1853; Beschluss des Regierungsrates des Kantons Thurgau vom 21. September 1871 betreffend Volksabstimmung über die Ausscheidung der Orts- und der Gemeindegüter. – Vgl. auch den expliziten Hinweis von Schwerzmann auf die Kantone «St. Gallen, Bern, Thurgau» in seinem Vortrag vor dem Kantonsrat (StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874, S. 4).

31. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 29.8.1874. – Hinweise auf die Bestätigung des bewährten Schreibers durch die Einwohnergemeindeversammlung vom 31.5.1874 und die Bürgerversammlung vom 14.6.1874 finden sich in BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 17.6.1874 und NZGZ, 3.6.1874.

32. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidung Ortsbürger- u. Einw. Gmde. Entwurf Sept. 1874. – Das fragliche Konzept beinhaltete einige der Grundgedanken des schliesslich ausgehandelten Ausscheidungsvertrags, wich in wesentlichen Punkten aber auch davon ab, was als Indiz für die Verhandlungsbereitschaft und Ergebnisoffenheit von Alois Schwerzmann gelesen werden kann. Bemerkenswert am Papier des Verwaltungsfuchses war, dass er das «Stadthaus», die «Stadt-Canzley mit Archiv u. das Waaghaus mit Archiv» sowie die «Urkunden, Acten, Protokolle, Pläne etc.» der Bürger- und der Einwohnergemeinde als «Gemeinsames Gut» unter «Vorbehalt der Mitbenutzung durch die Corporation» zusprechen wollte, was aber keinen Anklang fand. Ebenfalls nicht umgesetzt wurde sein Vorschlag, den Schulfonds und die «Stiftungen zu Schulzwecken» sowie die Schulhäuser im Besitz der Bürgergemeinde zu belassen und der Einwohnergemeinde bloss die Nutzungsrechte daran einzuräumen.

33. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 30.9.1874.

34. Zu Kaspar Keiser vgl. Morosoli, «Keiser, Kaspar». – Mit der gebräuchlichen, aber inoffiziellen Schreibweise «Kaiser» versuchte sich die Linie der «Keiser im Hof» von den übrigen Vertretern des Geschlechts abzugrenzen.

35. Vgl. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874, wo die Fragen im Wortlaut festgehalten sind. – Schwerzmann übernahm das Gefüge der über Generationen und Jahrhunderte geäufneten Gemeingüter tel quel, ohne über Alternativen nachzudenken. Statt den «Schulfond» und die «Pfrundvermögen» mit alter Zweckbindung fortzuschreiben, hätten beispielsweise auch alle Vermögenswerte zusammengelegt werden können, sodass die Verantwortungsträger und das Stimmvolk anschliessend den Haushalt des Gemeinwesens völlig neu hätten organisieren und über die Verwendung der vorhandenen Mittel für gewünschte Zwecke streiten müssen. Der a priori eingeschlagene Weg verlängerte letztlich die Strukturen des Ancien Régime in die Moderne hinein.

36. Spannend ist insbesondere der sprachliche Duktus von Schwerzmanns Fragen. So sollten der Einwohnergemeinde Werte «abgegeben», «überlassen» und «übertragen» bzw. Nutzungsrechte «eingeräumt» werden. Sinnlogisch teilten hier nicht zwei gleichberechtigte Gemeinwesen Güter untereinander auf. Vielmehr trat die besitzende Gruppe dem anderen Kollektiv gnadenhalber Vermögenswerte ab (BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874). Diese Lesart bestätigte die Wortwahl von Kaspar Anton Luthiger, dem Delegierten des Bürgerrats, an Alois Schwerzmann. In einem Brief, in dem er ein düsteres Szenario für die Finanzen der Bürgergemeinde zeichnete, sprach er von «wir» und «verschenken». Sein Fazit lautete im Wortlaut: «Nach Abtrennung der Waisenanstalt vom Armenfond werden wir nun ein jährliches Defizit bekommen. Selbes wird noch bedeutender werden, wenn die Einheiratstaxen der Anstalt nicht mehr zu gut kommen, so dass die Netto Einnahmen der Bürgergutes den Rückschlag im Armenwesen kaum decken werden. Die O.B.G. wird deshalb vom Bürgerfond an die E.G. nichts verschenken können» (StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Kaspar Anton Luthiger an Alois Schwerzmann, 13.10.1874).

37. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Begleitschreiben zur Umfrage von Alois Schwerzmann, Bern, 6.10.1874.

38. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Schriftliche Stellungnahmen der Mitglieder der Finanzkommission auf die Umfrage von Alois Schwerzmann vom 6.10.1874 in chronologischer Folge von: Josef Anton Bossard, 9.10.1874; Korporationsschreiber Jakob Keiser, 11.10.1874: Kaspar Anton Luthiger (Delegierter des Bürgerrats), 13.10.1874; «Dr. Kaiser-Muos» (Delegierter des Einwohnerrats), 16.10.1874; Josef Anton Bossard, 20.10.1874; Dominik Hess (nicht delegiert aber Präsident der Bürgergemeinde und der Korporation), 29.10.1874.

39. In seiner Polemik gegen die Güterausscheidung von Ende 1875 spottete Oswald Dossenbach über die alte «Herrscherstadt», deren «Magistraten beim Café ausmachen, wie viel zu Hunderttausenden aus dem Bürgerfonde an die neue Ew. Gemeinde überzugehen habe». Es ist gut denkbar, dass in der Stadt herumgebotene Gerüchte mit einem Jahr Verzug auch in Baar die Runde machten. Vielleicht entsprang die Unterstellung, in der Stadt würden politische Entscheide von den Mächtigen beim Kaffeekränzchen ausgekungelt, auch schlicht Dossenbachs Fantasie (Dossenbach 1875, S. 50).

40. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage von Alois Schwerzmann bei der Finanzkommission vom 6.10.1874 (nach 29.10.1874, undatiert).

41. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874. – In der Überlieferung des Einwohnerrates wurde die fragliche Versammlung nicht protokolliert, was sich dahingehend interpretieren lässt, dass sich die Einwohnergemeinde im laufenden Ausscheidungsprozess bloss als Juniorpartner betrachtete.

42. Im Einwohnerrat war die Güterausscheidung im Oktober und vor dem 20. November 1874 nie Thema gewesen (vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 14.10.1874, 28.10.1874, 6.11.1874, 18.11.1874).

43. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874.

44. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidung Ortsbürger- u. Einw. Gmde. Entwurf Sept. 1874.

45. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874.

46. Darunter fielen das bestehende Knabenschulhaus und das im Bau begriffene Burgbachschulhaus an der St. Oswaldsgasse mit Nebengebäuden und vorhandenem Inventar (unter Vorbehalt der Übernahme sämtlicher Baukosten durch die Einwohnergemeinde), das Zeughaus mit den zugehörigen Waffen der Gemeinde, die Kaserne (heute Bibliothek Zug), die als Feuerspritzenhaus genutzte ehemalige Stadtmetzg am Kolinplatz als Aufbewahrungsort der Löschgerätschaften und Marktstände, das Feuerspritzenhaus in Oberwil mit Feuerspritzen und Löschgerätschaften, die Ankenwaage mit Archiv (unter Vorbehalt der Mitbenutzung durch die Bürger- und Korporationsgemeinde), das Kaufhaus, die Eichstätte respektive Sinnerhütte samt Gerätschaften, der Zit-, Kapuziner- und Pulverturm, die Stadtuhren und Ringmauern samt Lauben und Überdachungen, die Hütte an der Ringmauer neben der Kaserne, die Stadtbibliothek im Pfrundhaus St. Konrad samt Inventar, die Marktstände, Stadtlaternen, Rettungsapparate, Baumaterial, Baugeschirr und sonstige Gerätschaften. – Die Angaben zu den Modalitäten der Güterausscheidung beruhen auf BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874, 28.11.1874.

47. Zu den öffentlichen Plätzen gehörten auch einige Terrains, die mit besitzrechtlichen Komplikationen belastet waren. So der «Exerzier- und Turnplatz hinter der Caserne nebst dortigen Gartenteilen am Besitzthum Hrn. Altrath M. Brandenbergs, der Erben Alt. R. Rath Bossards sel. und der Liegenschaft z. Solitude, die an Private gegen Bodenzins abgegebenen Hüttenplätze und das vom Erlenbach bis zum Armenhaus-Land noch vorhandene öffentliche Gelände» (BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874).

48. Vgl. NZGZ, 7.10.1874, 10.10.1874, 14.10.1874, 17.10.1874, 21.10.1874, 28.10.1874, 31.10.1874, 4.11.1874, 7.11.1874, 11.11.1874, 14.11.1874, 18.11.1874, 21.11.1874, 25.11.1874 (Zitat).

49. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Franz Hediger an Alois Schwerzmann, 23.11.1874

50. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Dominik Hess an Alois Schwerzmann, 24.11.1874.

51. BüA Zug B.12.7, Protokolle der Finanzkommission 1870–1876, 25.11.1874, 27.11.1874. – So wurde festgestellt, unter «Einnahmen» wäre eine Einnahme aus Vermietungen nicht vermerkt. Auf der Ausgabenseite wurde die Besoldung des Einwohnerpräsidenten auf 200 Franken, jene der gewöhnlichen Ratsmitglieder auf je 100 Franken begrenzt, der Gebäudeunterhalt von 1200 auf 1000 Franken reduziert, der Antrag für einen Feuerwagen zum Preis von 300 Franken zurückgewiesen und eine Amortisation von 3000 Franken für den Schulhausbau gestrichen. Ausserdem wurde vor zusätzlichen bzw. steigenden Kosten gewarnt.

52. Vgl. Matter, Kanton Zug, S. 163.

53. StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874.

54. NZGZ, 26.12.1874.

55. NZGZ, 16.1.1875.

56. Vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 10.12.1874, 26.12.1874, 7.1.1875 (Zitat); BüA Zug B.12.7, Protokolle der Finanzkommission 1870–1876, 31.12.1874; vgl. auch StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 79, Kommentar von Alois Schwerzmann zum Budget der Einwohnergemeinde für das Jahr 1875, 18.12.1875. – Der Männerturnverein wurde angefragt, ob er sich wirklich mit 100 Franken an der «Erstellung eines eisernen Barrens» beteiligen werde, analog dazu das Institut Neufrauenstein und das Knabenpensionat, ob sie 400 bzw. 500 Franken an eine neue «Badhütte» zahlen würden. Eingespart wurden 1000 Franken vermittels Aufschub einer Investition in die «Brücke beim Sandloch», 200 Franken qua Reduktion des Unterhalts an öffentlichen Gebäuden und 100 Franken bei den Heizkosten für das neue Schulhaus über einen buchhalterischen Trick. – Wie unpopulär Steuern bei Menschen waren, die in einer korporativen Gemeinwirtschaft sozialisiert worden waren, brachte Oswald Dossenbach zum Ausdruck. Für ihn hatte «ein Gemeinwesen, das für die Existenz seiner Angehörigen die Bürger besteuern» musste «in Wirklichkeit weniger als nichts» (Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 50).

57. Vgl. analog dazu BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 29.12.1874.

58. Vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 6; ZV, 26.8.1874.

59. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage von Alois Schwerzmann bei der Finanzkommission vom 6.10.1874 (nach 29.10.1874, undatiert).

60. Vgl. ZV, 2.9.1874, 5.9.1874, 9.9.1874, 12.9.1874, 16.9.1874, 19.9.1874, 23.9.1874, 26.9.1874, 3.10.1874, 3.10.1874, 7.10.1874, 10.10.1874, 14.10.1874, 17.10.1874, 21.10.1874, 24.10.1874, 28.10.1874, 31.10.1874, 4.11.1874, 7.11.1874, 11.11.1874, 14.11.1874, 18.11.1874, 21.11.1874, 25.11.1874, 28.11.1874, 2.12.1874, 5.12.1874, 9.12.1874, 12.12.1874, 16.12.1874, 19.12.1874, 23.12.1874. – Die Gleichgültigkeit der liberalen Presse mochte auch damit zusammenhängen, dass vordergründig spektakulärere Themen im Tagesgeschehen viel Raum einnahmen. So beispielsweise die Fabrikgesetzgebung und der Arbeiterschutz, die aufgrund einer Beschwerde notwendig gewordene Revision der eben erst angenommenen Verfassung von 1873, der Streit um ein neues kantonales Erbrecht, die chronischen Parteifehden in anderen Zuger Gemeinden (insbesondere in den «Industriegemeinden» Baar, Cham und Unterägeri), das seit 1868 ungeordnete städtische Finanz- und Rechnungswesen und ein heftiges Unwetter mit schweren Zerstörungen am 31. Juli 1874.

61. ZV, 26.12.1874. – Diese Bemerkung lässt eine fundamentale Fehleinschätzung der politischen Kräfteverhältnisse und der Persistenz historischer Institutionen seitens der Liberalen erkennen. Nur einen Monat später vollzog das Volksblatt hinsichtlich des Existenzrechts der Bürgergemeinde eine Kehrtwende. Eine Petition betreffend Revision der kantonalen Verfassung, an der «Vertrauensmänner der Liberalen des Kantons Zug» mehr als ein halbes Jahr gearbeitet hatten, bemühte sich, «den bestehenden Verhältnissen Rechnung zu tragen, ohne dadurch der Verwirklichung eines gesunden Fortschritts Eintrag zu tun». In diesem Licht schlug die Petition «die Beibehaltung der Bürgergemeinden vor, obwohl vom bloss theoretischen Standpunkte aus kein Grund wäre, die Verwaltung der Bürgergüter durch eine Spezialkommission von Bürgern unter Oberaufsicht des Einwohnerrates besorgen zu lassen. Die Bürgergemeinde war aber Jahrhunderte lang die Basis der schweizerischen Entwicklung gewesen, ja sie verleiht jetzt noch das Ortsbürgerrecht, auf Grund dessen erst Jemand Schweizer werden kann, – mit einem Worte, sie ist ein so ehrwürdiges und unserm Volke befreundetes Institut, dass dessen Beibehaltung zur Zeit sich rechtfertigen dürfte» (ZV, 30.1.1875).

62. NZGZ, 30.12.1874.

63. NZGZ, 16.1.1875.

64. ZV, 16.1.1875.

65. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 9.1.1875.

66. NZGZ, 27.8.1898.

67. ZV, 30.1.1875.

68. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 17.1.1875; vgl. NZGZ, 20.1.1875.

69. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 17.1.1875; vgl. Zuger Volksblatt, 20.1.1875. – Zu den Schwierigkeiten der Einwohnergemeinde bei der Besetzung ihrer Ratsstellen vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 7–13.

70. NZGZ, 20.1.1875.

71. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 17.1.1875.

72. NZGZ, 20.1.1875.

73. ZV, 23.1.1875.

74. ZV, 20.1.1875.

75. ZV, 30.1.1875.

76. StAZG F 3, Grossrats- bzw. Kantonsratsprotokolle, 1848–2012, 18.1.1875; vgl. Matter, Kanton Zug, S. 163.

77. Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 34.

78. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 25.1.1875.

79. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 30.1.1875.

80. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 13.2.1875.

81. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875. – Während das Volksblatt im Bericht über die besagte Einwohnerversammlung an erster Stelle vermeldete, die zur Prüfung der Ausscheidungsangelegenheit gewählte Kommission habe sich dahin verständigt, «den jüngst vorgelegten Ausscheidungsentwurf als provisorisch in Kraft bestehend anzuerkennen», unterschlug die Neue Zuger Zeitung diese nicht unwesentliche Information (ZV, 17.3.1875; NZGZ 17.3.1875).

82. Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 56.

83. Der Einzige Hinweis darauf, dass eine Sitzung stattgefunden hatte, findet sich mehr als zwei Jahre später in der Neuen Zuger Zeitung, die auf eine Versammlung der besagten Kommission Bezug nahm, die am 5. März 1875 getagt haben sollte (NZGZ, 22.12.1877). Am 25. September 1875 legte die kantonale Verwaltungskommission, die aus Präsident Alois Schwerzmann und den beiden Regierungsräten Josef Anton Bossard und Alois Müller bestand, den provisorischen Ausscheidungsvertrag zwischen der Bürger- und der Einwohnergemeinde, den der Einwohnerrat kurz vorher eingereicht hatte, vorerst zu den Akten. Interessant war der Vermerk, die fragliche Vereinbarung sei von den Gemeinden «zur Prüfung an eine Kommission gewiesen worden». Diese habe aber «bezgl. Anträge den Mandataren noch nichts vorgelegt», sodass sich der Vertrag «immer noch im Stadium des Entwurfes» befinde, auch wenn er provisorisch in Geltung gesetzt sei (StAZG MF 4/21, Protokolle der Verwaltungskommission, 1874–1876, 25.9.1875).

84. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875.

85. ZV, 17.3.1875.

86. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875.

87. NZGZ, 17.3.1875.

88. ZV, 3.3.1875.

89. ZV, 17.3.1875.

90. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 19.3.1876. – Gemeint war eigentlich Artikel 49 der Verfassung von 1874 (vgl. verfassungen.ch/verf74-i.htm, abgerufen am 12.4.2024).

91. NZGZ, 14.2.1877.

92. Vgl. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 11.2.1877; ZV, 14.2.1877.

93. StAZG CC 4.2.1, Gesetz betreffend die Ausscheidung der Gemeindegüter, 18.1.1875, Artikel 6.

94. Vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 17. – Das Verfahren gegen Alois Bossard hielt Zug vom Sommer 1868 bis in den Mai 1869 in Atem und wäre eine detaillierte Aufarbeitung wert, zumal die Nachwehen der Affäre das städtische Finanzwesen bis weit in die 1870er Jahre beeinträchtigten. Die im Volksblatt zitierten Ausführungen von Bossards Verteidiger werfen Fragen auf: Sein Klient habe «viermal Rechnung abgelegt und aus den Rechnungen» gehe hervor, dass «er Gelder ohne Einfrage angelegt» hatte. «Alles das war notorisch, war den Behörden bekannt, viermal wurde seine Rechnung genehmigt und verdankt und fünfmal hat der Stadtrat an offener Gemeinde ihn zur Wiederwahl empfohlen, und jetzt? Die Verhältnisse sind jetzt nicht anders, als sie damals waren» (vgl. NZGZ, 1.8.1868; 2.1.1869, 20.2.1869, 6.3.1869, 17.3.1869, 20.3.1869, 24.3.1869, 27.3.1869, 31.3.1869, 3.4.1869, 7.4.1869, 10.4.1869, 24.4.1869 [Urteil der ersten Instanz], 1.5.1869, 12.5.1869 [Urteil des Obergerichts]; ZV, 21.10.1868, 28.10.1868, 31.10.1868, 19.12.1868, 20.3.1869, 24.3.1869 [Zitate], 27.3.1869, 31.3.1869, 3.4.1869, 7.4.1869, 28.4.1869, 1.5.1869, 5.5.1869, 8.5.1869, 12.5.1869, 15.5.1869).

95. NZGZ, 18.8.1875.

96. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 18.9.1875.

97. NZGZ, 8.9.1877.

98. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 18.9.1877.

99. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 6.10.1877.

100. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 7.10.1877. – Vgl. NZGZ, 10.10.1877.

101. Vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 12.12.1877.

102. ZV, 19.12.1877.

103. NZGZ, 19.12.1877. – Anfang 1877 hatte der «Leseklub», in dem unter dem Präsidium von Alfred Wyss politische Zeitfragen verhandelt wurden, im Schulhaus ein «Lesezimmer für Gewerbetreibende» eingerichtet, das «Jedermann, der sich für einschlägige Fragen interessiert», gratis frequentieren konnte. Es handelte sich um eine Bibliothek, wo Fachliteratur und Tageszeitungen auflagen. Allerdings wurde sie «der Art spärlich» besucht, dass «die Ausgaben in keinem Verhältnis zum Nutzen» standen und der Betrieb auf Neujahr 1879 bereits wieder eingestellt wurde. Als neue Trägerschaft wäre der Gewerbeverein in Frage gekommen. Dieser zeigte jedoch kein Interesse, «für Gesellen und Lehrlinge belehrende Fachzeitschriften anzuschaffen» (ZV, 21.3.1877 [Zitat], 24.11.1877, 26.12.1877, 10.12.1878, 21.12.1878 [Zitat]).

104. ZV, 26.12.1877.

105. NZGZ, 19.12.1877.

106. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 20.12.1877.

107. NZGZ, 19.12.1877.

108. ZV, 26.12.1874.

109. ZV, 22.12.1877.

110. Vgl. NZGZ, 27.3.1875.

111. ZV, 22.12.1877.

112. NZGZ, 7.4.1875.

113. NZGZ, 22.12.1877.

114. ZV, 22.12.1877.

115. Die folgenden Ausführungen nach NZGZ, 29.12.1877; ZV, 26.12.1877, 29.12.1877.

116. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 23.12.1877.

117. NZGZ, 26.12.1874.

118. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 13.2.1875.

119. NZGZ, 28.4.1875.

120. ZV, 5.6.1875.

121. NZGZ, 9.6.1875.

122. ZV, 12.6.1875.

123. NZGZ, 12.6.1875.

124. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 22.7.1875. – In der Verwaltungskommission sassen mit ihrem Präsidenten, dem Landammann Alois Schwerzmann, dem ehemaligen Landammann und amtierenden Regierungsrat Alois Müller sowie Regierungsrat Josef Anton Bossard gleich drei politische Schwergewichte.

125. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 12.8.1875.

126. StadtA Zug A.10-10, Städtische Finanzkommission, 9.7.1878. – Vermutlich war es solche Gründlichkeit, die Staub, Kirchgemeinde, S. 16f., zum Schluss kommen liess, «das Institut der Kirchgemeinde» habe sich «aus der Vermögensverwaltung des Kirchenguts durch Laien» vorzüglich entwickelt. Das Verhältnis von Staat und Kirche im Kanton Zug habe «auch im Verlaufe des 19. Jahrhunderts keine umwälzende Veränderung» erlitten. Die kirchlichen Verhältnisse seien übernommen worden, «wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hatten», sodass die «Unabhängigkeit der Kirche und das gute Einvernehmen zwischen Staat und Kirche» im Kanton Zug sehr ausgeprägt seien.

127. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 5.1.1878, 23.1.1878; BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 12.1.1878; StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 31.1.1878. – Irritierend mutet an, dass die städtische Finanzkommission die Delegierten der Einwohnergemeinde bereits am 21. Januar benannte (oder besser: ernannte?), während der Einwohnerrat die beiden Namen erst am 23.1.1878 protokollierte (vgl. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 21.1.1878).

128. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 1.2.1878.

129. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 4.2.1878.

130. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 7.3.1878.

131. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 9.7.1878.

132. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 16.8.1878.

133. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 9.7.1878. – Analoge Berechnungen hatte der Bürgerrat bereits im Januar 1878 angestellt (vgl. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 12.1.1878).

134. ZV, 12.11.1879; vgl. NZGZ, 15.11.1879.

135. Die Daten stammen aus StAZG P66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 84, Gemeinde-Verwaltung, Zusammenzug Vermögen 1843–1896. – Zu Schwerzmanns dokumentarischem Eifer vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 5.

136. Vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 18.

137. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Dominik Hess an Alois Schwerzmann, 29.10.1874.

138. Vgl. Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug, 1874. – Dazu kam ein erkleckliches Finanzvermögen von rund 212 000 Franken, das vom Verkauf von Liegenschaften stammte.

139. Schläppi, Agil, mobil, eigensinnig, S. 102–104.

140. Nach Morosoli, Sablonier, Furrer, Ägerital, Bd. 1, S. 216, verlor die politische Gemeinde Oberägeri «ihre finanzielle Basis», als bei der Güterausscheidung die Allmenden der Korporation zufielen.

141. NZGZ, 10.7.1875.

142. ZV, 5.10.1878.

143. ZV, 6.6.1899.

144. An der entscheidenden Versammlung vom 17. Januar 1875 machten die Niedergelassenen von ihrem Stimmrecht auf Gemeindeebene nur «äusserst beschränkten Gebrauch, indem ihre Beteiligung an den Verhandlungen eine unverhältnismässig schwache war» (NZGZ, 20.1.1875).

145. Dazu und zu den Güterausscheidungen im Kanton vgl. demnächst Daniel Schläppi, «Eine Gefährde des Bürgereigentums und die Quelle vielen Haders». Die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug, 1874–1886, in: Tugium 40 (2024).

146. Zu vormodernen Formen der Staatsfinanzierung vgl. zuletzt Schläppi, Kommunaler und kollektiver Widerstand.

147. Vgl. Rechenschaftsberichte des Regierungsrates des Kantons Zug, 1874–1886.


Quellenverzeichnis

 

Ungedruckte Quellen
– BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880.
– BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897.
– BüA Zug B.12.7, Protokolle der Finanzkommission 1870–1876.
– StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913.
– StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878.
– StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891.
– StAZG CC 4.2.1, Gesetz betreffend die Ausscheidung der Gemeindegüter.
– StAZG CC 8.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter in den Jahren 1875–1886.
– StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012.
– StAZG F 3, Grossrats- bzw. Kantonsratsprotokolle, 1848–2012.
– StAZG MF 4/21, Protokolle der Verwaltungskommission, 1874–1876.
– StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann.

 

Gedruckte Quellen
– Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug, 1874.
– Dossenbach, Oswald, Die Gemeindegüter-Ausscheidung im Kanton Zug mit Berücksichtigung der Verhältnisse in der Gemeinde Baar, Schwyz 1875.
– Grundzüge für Ausscheidung der korporativen, bürgerlichen und politischen Verhältnisse in der Stadtgemeinde Zug. Von G. A. Keiser, Bern 1849.
– Kommissionalbericht und Antrag an die Korporations-Bürgergemeinde von Zug über die Ausscheidungs-Frage, gedruckt im März 1858.
– Neue Zuger Zeitung [NZGZ].
– Rechenschaftsberichte des Regierungsrates des Kantons Zug, 1848–2011.
– Schwyzer Zeitung.
– Zuger Volksblatt [ZV].

 

Online Ressourcen
– swistoval.ch.
– verfassungen.ch.


Literaturverzeichnis

 

Fachliteratur
– Greeff, Angelina, Vermarkten, Vernetzen und Verschönern. Das Wirken der Zuger Tourismusorganisationen in ihrer Pionierzeit, 1884–1914, in: TUGIUM 39 (2023), S. 171–196.
– Matter, Gerhard, Der Kanton Zug auf dem Weg zu seiner Verfassung von 1876. Treibende Kräfte, tragende Ideen der Totalrevision der Jahre 1872–1876, Zug 1985.
– Morosoli, Renato, «Keiser, Kaspar», in: hls-dhs-dss.ch/de/articles/004392/2014-11-26.
– Morosoli, Renato; Sablonier, Roger; Furrer, Benno, Ägerital – seine Geschichte, 2 Bde. Baar 2003.
– Raschle, Christian, Hauptsächlich für den Weidgang, in: Die Korporation Zug: ein Porträt. Zug 2010, S. 153–174.
– Schläppi, Daniel, Agil, mobil, eigensinnig. Überlegungen zu Charakteristika und historiografischer Verortung ländlicher Gesellschaften in der Geschichte der alten Eidgenossenschaft, in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 71 (2021), S. 89–110.
– Schläppi, Daniel, Der Grosse Umbruch im Kleinen (Teil 1): Die Konstituierung der Einwohner-, Bürger- und katholischen Kirchgemeinde Zug von 1874, in: «18 Grad», Geschichtsblog des Stadtarchivs Zug zu Themen der Stadtzuger Geschichte 1 2023.
– Schläppi, Daniel, Kommunaler und kollektiver Widerstand gegen fiskalische Abschöpfung in der alten Eidgenossenschaft (Schweiz vor 1800), in: Korinna Schönhärl, Mark Spoerer (Hg.), Staatsfinanzen und Konflikt, Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 62/2 (2021), S. 333–368.
– Speck, Guido, Entstehung der Korporation als Gemeinde, in: Die Korporation Zug: ein Porträt. Zug 2010, S. 83–98.
– Staub, Carl, Die Kirchgemeinde im Kanton Zug. Diss. Bern 1949.


1. Vgl. Schläppi, Konstituierung.

2. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Beschreibung der Güterausscheidung zwischen Ortsbürgergemeinde und Korporation in 8 Akten von der Hand von Alois Schwerzmann (nach 14.6.1874, undatiert).

3. StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874.

4. Zuger Volksblatt [ZV], 29.12.1877.

5. Die folgenden Ausführungen nach Speck, Entstehung der Korporation.

6. Vgl. Matter, Kanton Zug, S. 62f. – Eine ausführliche Würdigung und Einordnung von Schwerzmanns Einfluss auf die Zuger Politik insbesondere in der hier behandelten Zeitspanne findet sich in einem Kastentext im ersten Teil dieser Serie (vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 5f.).

7. Grundzüge für Ausscheidung der korporativen, bürgerlichen und politischen Verhältnisse in der Stadtgemeinde Zug. Von G. A. Keiser, Bern 1849.

8. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75 Ausscheidungsakten 1848–1859, 1874–1875. 1848/1851, Protokoll der Ausscheidungskommission, 14.6.1849. – Alois Schwerzmann hatte Kaspar Keiser («Dr. Kaiser-Muos»), damaliger Stadtarzt und 1874 eine Schlüsselfigur bei der Konstituierung der Bürger- und der Einwohnergemeinde sowie in der Güterausscheidung, also schon als Korporationsschreiber ganz zu Beginn seiner beruflichen und politischen Laufbahn kennengelernt und dessen volles Vertrauen genossen (vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 13).

9. Vgl. Kommissionalbericht und Antrag an die Korporations-Bürgergemeinde von Zug über die Ausscheidungs-Frage, gedruckt im März 1858, S. 12.

10. Vgl. Neue Zuger Zeitung [NZGZ], 19.6.1858.

11. Vgl. NZGZ, 12.11.1859, 19.11.1859.

12. Der streitbare Baarer Politiker Oswald Dossenbach kommentierte in einer 1875 veröffentlichten Streitschrift rückblickend die Bemühungen um die Ausscheidung zwischen der Bürgergemeinde und der Korporation Ende der 1850er Jahre und meinte, damals hätten «nur Vollblutsbürger um die Ausscheidung von Gütern» gestritten, «an denen sie alle gleich nutzungsberechtigte Eigentümer waren». Es sei ihnen bloss darum gegangen, wie sie «ihr vererbtes Gut» ordnen, in «welche Truhe sie diese Vermögen legen und unter welchem Titel sie selbe verwalten und nutzen» wollten. Der «Zulass Fremder in die Mitbenutzung des bisher ausschliesslich bürgerlichen Eigentums» habe damals nicht zur Diskussion gestanden. Im Licht des Umstands, dass es mehr als 25 Jahre dauerte, bis die fragliche Ausscheidung «unter ausschliesslich bürgerlichen Elementen» erledigt werden konnte, könne man sich die «gemeinsame Frontstellung beider Parteien vorstellen», wenn nun «Nichtbürger, resp. eine Einwohnergemeinde neuesten Schlages» ihre Ansprüche geltend machen würden. Anhand von Zitaten aus dem 1858 im Druck erschienenen «Kommissionalbericht» (vgl. oben) rekapitulierte Dossenbach, die von Sprecher Alois Schwerzmann vertretene Kommissionsmehrheit habe seinerzeit befürchtet, das Bürgergut könnte dereinst «in Mitbesitz und Mitgenuss von Nichtbürgern geraten». Deshalb habe sie es als ihre «hl. Pflicht» angesehen, alle Güter in den «engern Schanzen» der «Korporations-Bürgerschaft zur wahren» und ihr deshalb gleich auch noch das «Klosterfrauen-Vermögen und das Capuzinerkloster» als «ausschliessliches Eigentum» zuschreiben wollen (Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 27f., 30–32). – Eine kritische Würdigung des Pamphlets aus der Feder Dossenbachs findet sich bei Matter, Kanton Zug, S. 174f.

13. Bei näherem Hinsehen waren die vordergründig nebulösen Vorgänge gar nicht so «wundersam», wie man prima vista vermuten würde. Mit dem Begriff «Mitberatung» brachte die Protokollsprache Schwerzmanns tatsächliche Rolle in der fraglichen Versammlung von Bürger- und Einwohnerrat vom 16. Juli 1874 wohl nicht ganz auf den Punkt. In seinen Privatakten findet sich ein zweifelsfrei von seiner Hand stammendes Papier, das im Wortlaut identisch ist mit den im Protokoll zum Traktandum «Geschäftsausscheidungen» festgehaltenen Beschlüssen der gemeinsam versammelten Räte. Die gewählten Volksrepräsentanten ergänzten bloss noch das Markt- und Feuerpolizeiwesen, das Schwerzmann in seiner Aufzählung der jeweiligen Zuständigkeiten vergessen hatte. Ein pikantes Detail an besagtem Papier ist der Eintrag unter «III.», der die Räte aufforderte, für die Güterausscheidung eine «Finanz-Commission zu ernennen, in welcher jeder Rat seine spezielle Vertretung haben soll» (StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 16.7.1874; StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, auf den 16.7.1874 datierte Notiz von Alois Schwerzmann). Offensichtlich genoss Schwerzmann nicht nur allgemeinen Respekt, sondern galt aufgrund seiner Sachkompetenz in einschlägigen Kreisen nachgerade als unverzichtbar. Dass er (in anderer Lesart der Quelle) in der Versammlung in Echtzeit wortgetreu mitgeschrieben hätte, ist sehr unwahrscheinlich. Er hätte sich wohl auf Stichworte beschränkt, wie er es in anderen Notizen auch zu tun pflegte (vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 76). – Zur Finanzkommission vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 16–18.

14. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 17.5.1874.

15. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.5.1874. – Zu Fragen der zeitgenössischen Behördenbezeichnungen vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 7.

16. Dazu passt, dass der Kantonsrat im Vorfeld der Verfassungsrevision von 1876 entschied, die Korporationen endgültig zu privatisieren. Der Verfassungsentwurf fand beim Stimmvolk zwar eine Mehrheit. Die Privatisierung der Korporationen scheiterte aber am Quorum und stand seither nicht mehr zur Debatte (vgl. Matter, Kanton Zug, S. 217f.; Speck, Entstehung der Korporation, S. 96).

17. Speck, Entstehung der Korporation, S. 94. – Diesbezüglich verräterisch ist ein Schreiben von Korporationsschreiber Keiser an Alois Schwerzmann vom 11. Oktober 1874. Schon oft sei die Ansicht geäussert worden, so Keiser, «die Einwohnergemeinde dürfe nicht als Aschenbrödel behandelt werden», und überblicke man, was die Stadtgemeinde «zu verwalten» haben werde, so würden «ihr die Hunderttausende des Gemeinds- oder Burgerfondes abzutreten sein». Mit dem Rest werde «die Bürger-Gmde schon fahren können; ihr werden in Zukunft die Burgereinkaufssummen, Lehenzinsen von Objekten und grösseren Verwaltungsvergütungen nachhelfen». Keiser war sich des absehbaren Finanzbedarfs der Einwohnergemeinde sicher schon im Mai und Juni 1874 bewusst gewesen, als das Kapitalvermögen der Korporation noch zur Disposition stand (StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Jakob Keiser an Alois Schwerzmann, 11.10.1874). Hinsichtlich der Land- und sonstigen Naturressourcen ist zu bedenken, dass Naturalbezüge für Bürgerhaushalte von existenzieller Bedeutung und entsprechend wertvoll waren, weil deren Auskommen bis weit ins 20. Jahrhundert zu einem Teil auf landwirtschaftlichen Erträgen beruhte (Holz, Früchte und Nüsse von Allmendbäumen, Gärten, Kleinvieh, Zugtiere etc.).

18. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 3.6.1874.

19. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 8.6.1874.

20. Dass der «Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug», den die Buchdruckerei Blunschi innert kürzester Frist aufgelegt hatte, zusammen mit anderen Ausscheidungsakten seinen Weg ins Privatarchiv von Alois Schwerzmann fand, ist bezeichnend für dessen Denk- und Arbeitsweise. Die handschriftlichen Initialen «AS» auf der Titelseite und der Bleistiftvermerk «Vor Bürger- u. Corp Gmde 14. Juni 1874» stehen für die Gründlichkeit und den Dokumentationsdrang von Alois Schwerzmann in Verwaltungsangelegenheiten (vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75).

21. NZGZ, 17.6.1874.

22. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 14.6.1874. – Das Ansinnen, der Einwohnergemeinde den Unterhalt der Geissbodenstrasse aufzubürden, war etwas unverfroren, denn Anfang der 1850er Jahre hatte die frisch gegründete Korporation ihrem Mitglied Johann Peter Weiss an schönster Lage auf dem Zugerberg das Grundstück Geissbodenegg verkauft und dieses auf seinen Wunsch auch noch mit der ersten direkten Verbindung von der Stadt auf den Berg erschlossen, wo Weiss, Touristikpionier erster Stunde, die schmucke Pension «Felsenegg» errichtete (vgl. Raschle, Weidgang, S. 164; zum Zuger Tourismus und zur «Felsenegg» vgl. zuletzt Greeff, Vermarkten, Vernetzen und Verschönern, S. 177, 194).

23. NZGZ, 17.6.1874.

24. Vgl. NZGZ, 20.5.1874, 23.5.1874, 27.5.1874, 30.5.1874, 3.6.1874, 6.6.1874, 10.6.1874, 13.6.1874; ZV 20.5.1874, 23.5.1874, 27.5.1874, 30.5.1874, 3.6.1874, 6.6.1874, 10.6.1874, 13.6.1874, 17.6.1874. – Das öffentliche Interesse an den Zuger Korporationen hielt sich generell in Grenzen. Auch die kantonalen Aufsichtsbehörden schöpften ihre Befugnisse hinsichtlich des Finanzgebarens der Korporationen nicht aus. Laut der Kantonsverfassung von 1894 hätten die Korporationsgüter als unteilbares Gut in ihrem Bestand erhalten werden müssen. Entgegen dieser Vorgabe verteilte die Korporation Zug 1899 unter den Genossen 100 000 Franken, die aus Enteignungen und Landverkäufen anlässlich des Baus der Bahnlinie Zug-Goldau angefallen waren, was die zuständige Regierung tolerierte (vgl. Speck, Entstehung der Korporation, S. 97; ZV, 6.6.1899, 8.6.1899).

25. ZV, 20.06.1874.

26. Beim Finanzvermögen der Korporation in der Höhe von ca. 212 000 Franken handelte es sich keineswegs um einen Bagatellbetrag. Der «Gemeinde- oder Bürgerguts-Fond», aus dem die Einwohnergemeinde bei der erst noch zu vollziehenden Ausscheidung mit 150 000 Franken alimentiert würde, belief sich auf ca. 260 000 Franken (vgl. Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug, 1874, S. 4, 6). Gemäss Historischem Lohnindex (HLI) beliefen sich allein die Geldreserven der Korporation auf weit über 10 Millionen (1 Franken im Jahr 1874 entspricht 53 Franken im Jahr 2009; vgl. swistoval.ch, 31.10.2023).

27. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 30.9.1874.

28. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Beschreibung der Güterausscheidung zwischen Ortsbürgergemeinde und Korporation in 8 Akten von der Hand von Alois Schwerzmann (nach 14.6.1874, undatiert); Mappe 74, Sammlung von handschriftlich erstellen Protokollauszügen der Bürger- und der Einwohnergemeinde. – In Schwerzmanns Hinterlassenschaften findet sich die Schwyzer Zeitung vom 12. Dezember 1857 mit Unterstreichungen, die von ihm selber stammen dürften. Es ging um eine Auseinandersetzung betreffend die Ausscheidung zwischen Korporation und Bürgergemeinde, in der «Hr. Ldschbr. und Ständerat Schwerzmann» seinen Widersachern «mit einer Festigkeit» entgegentrat, «die allein die Achtung und Kenntnis der historischen und gesetzlichen Rechte und die tiefe Einsicht in die Verhältnisse der Gemeinde geben kann». Solches Lob schmeichelte seinem Adressaten offenkundig, sodass er auch noch den folgenden Passus unterstrichen hatte: «Die Ehre des Tages aber blieb dem Hrn. Ständerat Schwerzmann. Er entwand den Gegnern die scharfen Waffen und schlug sie mit den eigenen; sein Sieg war vollständig» (Schwyzer Zeitung, 12.12.1857).

29. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 56, Berichte der Gemeinden betr. Fonds & Verwendung (mit Antwortschreiben in chronologischer Folge von: Unterägeri, 2.5.1874; Baar, 4.5.1874; Walchwil, 7.5.1874; Steinhausen, 14.5.1874; Cham, 16.5.1874; Hünenberg, 3.7.1874, mit Angaben vom 31.12.1872; Oberägeri, 22.7.1874; Neuheim, 25.7.1874). Nicht alle diesbezüglichen Zusammenstellungen wanderten in Schwerzmanns Privatbestände. Jene der Gemeinde Risch vom 11.5.1874 findet sich in der Aktensammlung, die der Regierungsrat zur Güterauscheidung anlegte (vgl. StAZG CC 8.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter in den Jahren 1875–1886).

30. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 56, wo sich folgende Gesetzestexte finden: Ausscheidungs-Urkunde über das Vermögen, die Gerechtsamen und Beschwerden zwischen der politischen und der Ortsgemeinde Rapperschwyl, 2.2.1836; Gesetz über die gerichtliche Ausmittlung und Festsetzung des Zweckes der Gemeindegüter, Bern, 17.10.1853; Beschluss des Regierungsrates des Kantons Thurgau vom 21. September 1871 betreffend Volksabstimmung über die Ausscheidung der Orts- und der Gemeindegüter. – Vgl. auch den expliziten Hinweis von Schwerzmann auf die Kantone «St. Gallen, Bern, Thurgau» in seinem Vortrag vor dem Kantonsrat (StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874, S. 4).

31. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 29.8.1874. – Hinweise auf die Bestätigung des bewährten Schreibers durch die Einwohnergemeindeversammlung vom 31.5.1874 und die Bürgerversammlung vom 14.6.1874 finden sich in BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 17.6.1874 und NZGZ, 3.6.1874.

32. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidung Ortsbürger- u. Einw. Gmde. Entwurf Sept. 1874. – Das fragliche Konzept beinhaltete einige der Grundgedanken des schliesslich ausgehandelten Ausscheidungsvertrags, wich in wesentlichen Punkten aber auch davon ab, was als Indiz für die Verhandlungsbereitschaft und Ergebnisoffenheit von Alois Schwerzmann gelesen werden kann. Bemerkenswert am Papier des Verwaltungsfuchses war, dass er das «Stadthaus», die «Stadt-Canzley mit Archiv u. das Waaghaus mit Archiv» sowie die «Urkunden, Acten, Protokolle, Pläne etc.» der Bürger- und der Einwohnergemeinde als «Gemeinsames Gut» unter «Vorbehalt der Mitbenutzung durch die Corporation» zusprechen wollte, was aber keinen Anklang fand. Ebenfalls nicht umgesetzt wurde sein Vorschlag, den Schulfonds und die «Stiftungen zu Schulzwecken» sowie die Schulhäuser im Besitz der Bürgergemeinde zu belassen und der Einwohnergemeinde bloss die Nutzungsrechte daran einzuräumen.

33. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 30.9.1874.

34. Zu Kaspar Keiser vgl. Morosoli, «Keiser, Kaspar». – Mit der gebräuchlichen, aber inoffiziellen Schreibweise «Kaiser» versuchte sich die Linie der «Keiser im Hof» von den übrigen Vertretern des Geschlechts abzugrenzen.

35. Vgl. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874, wo die Fragen im Wortlaut festgehalten sind. – Schwerzmann übernahm das Gefüge der über Generationen und Jahrhunderte geäufneten Gemeingüter tel quel, ohne über Alternativen nachzudenken. Statt den «Schulfond» und die «Pfrundvermögen» mit alter Zweckbindung fortzuschreiben, hätten beispielsweise auch alle Vermögenswerte zusammengelegt werden können, sodass die Verantwortungsträger und das Stimmvolk anschliessend den Haushalt des Gemeinwesens völlig neu hätten organisieren und über die Verwendung der vorhandenen Mittel für gewünschte Zwecke streiten müssen. Der a priori eingeschlagene Weg verlängerte letztlich die Strukturen des Ancien Régime in die Moderne hinein.

36. Spannend ist insbesondere der sprachliche Duktus von Schwerzmanns Fragen. So sollten der Einwohnergemeinde Werte «abgegeben», «überlassen» und «übertragen» bzw. Nutzungsrechte «eingeräumt» werden. Sinnlogisch teilten hier nicht zwei gleichberechtigte Gemeinwesen Güter untereinander auf. Vielmehr trat die besitzende Gruppe dem anderen Kollektiv gnadenhalber Vermögenswerte ab (BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874). Diese Lesart bestätigte die Wortwahl von Kaspar Anton Luthiger, dem Delegierten des Bürgerrats, an Alois Schwerzmann. In einem Brief, in dem er ein düsteres Szenario für die Finanzen der Bürgergemeinde zeichnete, sprach er von «wir» und «verschenken». Sein Fazit lautete im Wortlaut: «Nach Abtrennung der Waisenanstalt vom Armenfond werden wir nun ein jährliches Defizit bekommen. Selbes wird noch bedeutender werden, wenn die Einheiratstaxen der Anstalt nicht mehr zu gut kommen, so dass die Netto Einnahmen der Bürgergutes den Rückschlag im Armenwesen kaum decken werden. Die O.B.G. wird deshalb vom Bürgerfond an die E.G. nichts verschenken können» (StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Kaspar Anton Luthiger an Alois Schwerzmann, 13.10.1874).

37. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Begleitschreiben zur Umfrage von Alois Schwerzmann, Bern, 6.10.1874.

38. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Schriftliche Stellungnahmen der Mitglieder der Finanzkommission auf die Umfrage von Alois Schwerzmann vom 6.10.1874 in chronologischer Folge von: Josef Anton Bossard, 9.10.1874; Korporationsschreiber Jakob Keiser, 11.10.1874: Kaspar Anton Luthiger (Delegierter des Bürgerrats), 13.10.1874; «Dr. Kaiser-Muos» (Delegierter des Einwohnerrats), 16.10.1874; Josef Anton Bossard, 20.10.1874; Dominik Hess (nicht delegiert aber Präsident der Bürgergemeinde und der Korporation), 29.10.1874.

39. In seiner Polemik gegen die Güterausscheidung von Ende 1875 spottete Oswald Dossenbach über die alte «Herrscherstadt», deren «Magistraten beim Café ausmachen, wie viel zu Hunderttausenden aus dem Bürgerfonde an die neue Ew. Gemeinde überzugehen habe». Es ist gut denkbar, dass in der Stadt herumgebotene Gerüchte mit einem Jahr Verzug auch in Baar die Runde machten. Vielleicht entsprang die Unterstellung, in der Stadt würden politische Entscheide von den Mächtigen beim Kaffeekränzchen ausgekungelt, auch schlicht Dossenbachs Fantasie (Dossenbach 1875, S. 50).

40. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage von Alois Schwerzmann bei der Finanzkommission vom 6.10.1874 (nach 29.10.1874, undatiert).

41. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874. – In der Überlieferung des Einwohnerrates wurde die fragliche Versammlung nicht protokolliert, was sich dahingehend interpretieren lässt, dass sich die Einwohnergemeinde im laufenden Ausscheidungsprozess bloss als Juniorpartner betrachtete.

42. Im Einwohnerrat war die Güterausscheidung im Oktober und vor dem 20. November 1874 nie Thema gewesen (vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 14.10.1874, 28.10.1874, 6.11.1874, 18.11.1874).

43. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874.

44. Vgl. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Ausscheidung Ortsbürger- u. Einw. Gmde. Entwurf Sept. 1874.

45. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874.

46. Darunter fielen das bestehende Knabenschulhaus und das im Bau begriffene Burgbachschulhaus an der St. Oswaldsgasse mit Nebengebäuden und vorhandenem Inventar (unter Vorbehalt der Übernahme sämtlicher Baukosten durch die Einwohnergemeinde), das Zeughaus mit den zugehörigen Waffen der Gemeinde, die Kaserne (heute Bibliothek Zug), die als Feuerspritzenhaus genutzte ehemalige Stadtmetzg am Kolinplatz als Aufbewahrungsort der Löschgerätschaften und Marktstände, das Feuerspritzenhaus in Oberwil mit Feuerspritzen und Löschgerätschaften, die Ankenwaage mit Archiv (unter Vorbehalt der Mitbenutzung durch die Bürger- und Korporationsgemeinde), das Kaufhaus, die Eichstätte respektive Sinnerhütte samt Gerätschaften, der Zit-, Kapuziner- und Pulverturm, die Stadtuhren und Ringmauern samt Lauben und Überdachungen, die Hütte an der Ringmauer neben der Kaserne, die Stadtbibliothek im Pfrundhaus St. Konrad samt Inventar, die Marktstände, Stadtlaternen, Rettungsapparate, Baumaterial, Baugeschirr und sonstige Gerätschaften. – Die Angaben zu den Modalitäten der Güterausscheidung beruhen auf BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 20.11.1874, 28.11.1874.

47. Zu den öffentlichen Plätzen gehörten auch einige Terrains, die mit besitzrechtlichen Komplikationen belastet waren. So der «Exerzier- und Turnplatz hinter der Caserne nebst dortigen Gartenteilen am Besitzthum Hrn. Altrath M. Brandenbergs, der Erben Alt. R. Rath Bossards sel. und der Liegenschaft z. Solitude, die an Private gegen Bodenzins abgegebenen Hüttenplätze und das vom Erlenbach bis zum Armenhaus-Land noch vorhandene öffentliche Gelände» (BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 28.11.1874).

48. Vgl. NZGZ, 7.10.1874, 10.10.1874, 14.10.1874, 17.10.1874, 21.10.1874, 28.10.1874, 31.10.1874, 4.11.1874, 7.11.1874, 11.11.1874, 14.11.1874, 18.11.1874, 21.11.1874, 25.11.1874 (Zitat).

49. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Franz Hediger an Alois Schwerzmann, 23.11.1874

50. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Dominik Hess an Alois Schwerzmann, 24.11.1874.

51. BüA Zug B.12.7, Protokolle der Finanzkommission 1870–1876, 25.11.1874, 27.11.1874. – So wurde festgestellt, unter «Einnahmen» wäre eine Einnahme aus Vermietungen nicht vermerkt. Auf der Ausgabenseite wurde die Besoldung des Einwohnerpräsidenten auf 200 Franken, jene der gewöhnlichen Ratsmitglieder auf je 100 Franken begrenzt, der Gebäudeunterhalt von 1200 auf 1000 Franken reduziert, der Antrag für einen Feuerwagen zum Preis von 300 Franken zurückgewiesen und eine Amortisation von 3000 Franken für den Schulhausbau gestrichen. Ausserdem wurde vor zusätzlichen bzw. steigenden Kosten gewarnt.

52. Vgl. Matter, Kanton Zug, S. 163.

53. StAZG CC 4.2.1, Ausscheidung der Gemeindegüter. Bericht des Reg.-Rates an den h. Kantonsrath zum Gesetzesentwurf über Ausscheidung der Gemeindegüter, 3.12.1874.

54. NZGZ, 26.12.1874.

55. NZGZ, 16.1.1875.

56. Vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 10.12.1874, 26.12.1874, 7.1.1875 (Zitat); BüA Zug B.12.7, Protokolle der Finanzkommission 1870–1876, 31.12.1874; vgl. auch StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 79, Kommentar von Alois Schwerzmann zum Budget der Einwohnergemeinde für das Jahr 1875, 18.12.1875. – Der Männerturnverein wurde angefragt, ob er sich wirklich mit 100 Franken an der «Erstellung eines eisernen Barrens» beteiligen werde, analog dazu das Institut Neufrauenstein und das Knabenpensionat, ob sie 400 bzw. 500 Franken an eine neue «Badhütte» zahlen würden. Eingespart wurden 1000 Franken vermittels Aufschub einer Investition in die «Brücke beim Sandloch», 200 Franken qua Reduktion des Unterhalts an öffentlichen Gebäuden und 100 Franken bei den Heizkosten für das neue Schulhaus über einen buchhalterischen Trick. – Wie unpopulär Steuern bei Menschen waren, die in einer korporativen Gemeinwirtschaft sozialisiert worden waren, brachte Oswald Dossenbach zum Ausdruck. Für ihn hatte «ein Gemeinwesen, das für die Existenz seiner Angehörigen die Bürger besteuern» musste «in Wirklichkeit weniger als nichts» (Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 50).

57. Vgl. analog dazu BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 29.12.1874.

58. Vgl. Schläppi, Konstituierung, Anm. 6; ZV, 26.8.1874.

59. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Zusammenfassung der Ergebnisse der Umfrage von Alois Schwerzmann bei der Finanzkommission vom 6.10.1874 (nach 29.10.1874, undatiert).

60. Vgl. ZV, 2.9.1874, 5.9.1874, 9.9.1874, 12.9.1874, 16.9.1874, 19.9.1874, 23.9.1874, 26.9.1874, 3.10.1874, 3.10.1874, 7.10.1874, 10.10.1874, 14.10.1874, 17.10.1874, 21.10.1874, 24.10.1874, 28.10.1874, 31.10.1874, 4.11.1874, 7.11.1874, 11.11.1874, 14.11.1874, 18.11.1874, 21.11.1874, 25.11.1874, 28.11.1874, 2.12.1874, 5.12.1874, 9.12.1874, 12.12.1874, 16.12.1874, 19.12.1874, 23.12.1874. – Die Gleichgültigkeit der liberalen Presse mochte auch damit zusammenhängen, dass vordergründig spektakulärere Themen im Tagesgeschehen viel Raum einnahmen. So beispielsweise die Fabrikgesetzgebung und der Arbeiterschutz, die aufgrund einer Beschwerde notwendig gewordene Revision der eben erst angenommenen Verfassung von 1873, der Streit um ein neues kantonales Erbrecht, die chronischen Parteifehden in anderen Zuger Gemeinden (insbesondere in den «Industriegemeinden» Baar, Cham und Unterägeri), das seit 1868 ungeordnete städtische Finanz- und Rechnungswesen und ein heftiges Unwetter mit schweren Zerstörungen am 31. Juli 1874.

61. ZV, 26.12.1874. – Diese Bemerkung lässt eine fundamentale Fehleinschätzung der politischen Kräfteverhältnisse und der Persistenz historischer Institutionen seitens der Liberalen erkennen. Nur einen Monat später vollzog das Volksblatt hinsichtlich des Existenzrechts der Bürgergemeinde eine Kehrtwende. Eine Petition betreffend Revision der kantonalen Verfassung, an der «Vertrauensmänner der Liberalen des Kantons Zug» mehr als ein halbes Jahr gearbeitet hatten, bemühte sich, «den bestehenden Verhältnissen Rechnung zu tragen, ohne dadurch der Verwirklichung eines gesunden Fortschritts Eintrag zu tun». In diesem Licht schlug die Petition «die Beibehaltung der Bürgergemeinden vor, obwohl vom bloss theoretischen Standpunkte aus kein Grund wäre, die Verwaltung der Bürgergüter durch eine Spezialkommission von Bürgern unter Oberaufsicht des Einwohnerrates besorgen zu lassen. Die Bürgergemeinde war aber Jahrhunderte lang die Basis der schweizerischen Entwicklung gewesen, ja sie verleiht jetzt noch das Ortsbürgerrecht, auf Grund dessen erst Jemand Schweizer werden kann, – mit einem Worte, sie ist ein so ehrwürdiges und unserm Volke befreundetes Institut, dass dessen Beibehaltung zur Zeit sich rechtfertigen dürfte» (ZV, 30.1.1875).

62. NZGZ, 30.12.1874.

63. NZGZ, 16.1.1875.

64. ZV, 16.1.1875.

65. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 9.1.1875.

66. NZGZ, 27.8.1898.

67. ZV, 30.1.1875.

68. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 17.1.1875; vgl. NZGZ, 20.1.1875.

69. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 17.1.1875; vgl. Zuger Volksblatt, 20.1.1875. – Zu den Schwierigkeiten der Einwohnergemeinde bei der Besetzung ihrer Ratsstellen vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 7–13.

70. NZGZ, 20.1.1875.

71. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 17.1.1875.

72. NZGZ, 20.1.1875.

73. ZV, 23.1.1875.

74. ZV, 20.1.1875.

75. ZV, 30.1.1875.

76. StAZG F 3, Grossrats- bzw. Kantonsratsprotokolle, 1848–2012, 18.1.1875; vgl. Matter, Kanton Zug, S. 163.

77. Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 34.

78. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 25.1.1875.

79. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 30.1.1875.

80. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 13.2.1875.

81. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875. – Während das Volksblatt im Bericht über die besagte Einwohnerversammlung an erster Stelle vermeldete, die zur Prüfung der Ausscheidungsangelegenheit gewählte Kommission habe sich dahin verständigt, «den jüngst vorgelegten Ausscheidungsentwurf als provisorisch in Kraft bestehend anzuerkennen», unterschlug die Neue Zuger Zeitung diese nicht unwesentliche Information (ZV, 17.3.1875; NZGZ 17.3.1875).

82. Dossenbach, Gemeindegüter-Ausscheidung, S. 56.

83. Der Einzige Hinweis darauf, dass eine Sitzung stattgefunden hatte, findet sich mehr als zwei Jahre später in der Neuen Zuger Zeitung, die auf eine Versammlung der besagten Kommission Bezug nahm, die am 5. März 1875 getagt haben sollte (NZGZ, 22.12.1877). Am 25. September 1875 legte die kantonale Verwaltungskommission, die aus Präsident Alois Schwerzmann und den beiden Regierungsräten Josef Anton Bossard und Alois Müller bestand, den provisorischen Ausscheidungsvertrag zwischen der Bürger- und der Einwohnergemeinde, den der Einwohnerrat kurz vorher eingereicht hatte, vorerst zu den Akten. Interessant war der Vermerk, die fragliche Vereinbarung sei von den Gemeinden «zur Prüfung an eine Kommission gewiesen worden». Diese habe aber «bezgl. Anträge den Mandataren noch nichts vorgelegt», sodass sich der Vertrag «immer noch im Stadium des Entwurfes» befinde, auch wenn er provisorisch in Geltung gesetzt sei (StAZG MF 4/21, Protokolle der Verwaltungskommission, 1874–1876, 25.9.1875).

84. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875.

85. ZV, 17.3.1875.

86. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 14.3.1875.

87. NZGZ, 17.3.1875.

88. ZV, 3.3.1875.

89. ZV, 17.3.1875.

90. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 19.3.1876. – Gemeint war eigentlich Artikel 49 der Verfassung von 1874 (vgl. verfassungen.ch/verf74-i.htm, abgerufen am 12.4.2024).

91. NZGZ, 14.2.1877.

92. Vgl. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 11.2.1877; ZV, 14.2.1877.

93. StAZG CC 4.2.1, Gesetz betreffend die Ausscheidung der Gemeindegüter, 18.1.1875, Artikel 6.

94. Vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 17. – Das Verfahren gegen Alois Bossard hielt Zug vom Sommer 1868 bis in den Mai 1869 in Atem und wäre eine detaillierte Aufarbeitung wert, zumal die Nachwehen der Affäre das städtische Finanzwesen bis weit in die 1870er Jahre beeinträchtigten. Die im Volksblatt zitierten Ausführungen von Bossards Verteidiger werfen Fragen auf: Sein Klient habe «viermal Rechnung abgelegt und aus den Rechnungen» gehe hervor, dass «er Gelder ohne Einfrage angelegt» hatte. «Alles das war notorisch, war den Behörden bekannt, viermal wurde seine Rechnung genehmigt und verdankt und fünfmal hat der Stadtrat an offener Gemeinde ihn zur Wiederwahl empfohlen, und jetzt? Die Verhältnisse sind jetzt nicht anders, als sie damals waren» (vgl. NZGZ, 1.8.1868; 2.1.1869, 20.2.1869, 6.3.1869, 17.3.1869, 20.3.1869, 24.3.1869, 27.3.1869, 31.3.1869, 3.4.1869, 7.4.1869, 10.4.1869, 24.4.1869 [Urteil der ersten Instanz], 1.5.1869, 12.5.1869 [Urteil des Obergerichts]; ZV, 21.10.1868, 28.10.1868, 31.10.1868, 19.12.1868, 20.3.1869, 24.3.1869 [Zitate], 27.3.1869, 31.3.1869, 3.4.1869, 7.4.1869, 28.4.1869, 1.5.1869, 5.5.1869, 8.5.1869, 12.5.1869, 15.5.1869).

95. NZGZ, 18.8.1875.

96. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 18.9.1875.

97. NZGZ, 8.9.1877.

98. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 18.9.1877.

99. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 6.10.1877.

100. BüA Zug B.12.3.0, Protokolle der Bürgergemeindeversammlungen 1872–1897, 7.10.1877. – Vgl. NZGZ, 10.10.1877.

101. Vgl. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 12.12.1877.

102. ZV, 19.12.1877.

103. NZGZ, 19.12.1877. – Anfang 1877 hatte der «Leseklub», in dem unter dem Präsidium von Alfred Wyss politische Zeitfragen verhandelt wurden, im Schulhaus ein «Lesezimmer für Gewerbetreibende» eingerichtet, das «Jedermann, der sich für einschlägige Fragen interessiert», gratis frequentieren konnte. Es handelte sich um eine Bibliothek, wo Fachliteratur und Tageszeitungen auflagen. Allerdings wurde sie «der Art spärlich» besucht, dass «die Ausgaben in keinem Verhältnis zum Nutzen» standen und der Betrieb auf Neujahr 1879 bereits wieder eingestellt wurde. Als neue Trägerschaft wäre der Gewerbeverein in Frage gekommen. Dieser zeigte jedoch kein Interesse, «für Gesellen und Lehrlinge belehrende Fachzeitschriften anzuschaffen» (ZV, 21.3.1877 [Zitat], 24.11.1877, 26.12.1877, 10.12.1878, 21.12.1878 [Zitat]).

104. ZV, 26.12.1877.

105. NZGZ, 19.12.1877.

106. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 20.12.1877.

107. NZGZ, 19.12.1877.

108. ZV, 26.12.1874.

109. ZV, 22.12.1877.

110. Vgl. NZGZ, 27.3.1875.

111. ZV, 22.12.1877.

112. NZGZ, 7.4.1875.

113. NZGZ, 22.12.1877.

114. ZV, 22.12.1877.

115. Die folgenden Ausführungen nach NZGZ, 29.12.1877; ZV, 26.12.1877, 29.12.1877.

116. StadtA Zug F.2-1.6, Protokolle der Einwohnergemeindeversammlungen 1874–1891, 23.12.1877.

117. NZGZ, 26.12.1874.

118. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 13.2.1875.

119. NZGZ, 28.4.1875.

120. ZV, 5.6.1875.

121. NZGZ, 9.6.1875.

122. ZV, 12.6.1875.

123. NZGZ, 12.6.1875.

124. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 22.7.1875. – In der Verwaltungskommission sassen mit ihrem Präsidenten, dem Landammann Alois Schwerzmann, dem ehemaligen Landammann und amtierenden Regierungsrat Alois Müller sowie Regierungsrat Josef Anton Bossard gleich drei politische Schwergewichte.

125. StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 12.8.1875.

126. StadtA Zug A.10-10, Städtische Finanzkommission, 9.7.1878. – Vermutlich war es solche Gründlichkeit, die Staub, Kirchgemeinde, S. 16f., zum Schluss kommen liess, «das Institut der Kirchgemeinde» habe sich «aus der Vermögensverwaltung des Kirchenguts durch Laien» vorzüglich entwickelt. Das Verhältnis von Staat und Kirche im Kanton Zug habe «auch im Verlaufe des 19. Jahrhunderts keine umwälzende Veränderung» erlitten. Die kirchlichen Verhältnisse seien übernommen worden, «wie sie sich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt hatten», sodass die «Unabhängigkeit der Kirche und das gute Einvernehmen zwischen Staat und Kirche» im Kanton Zug sehr ausgeprägt seien.

127. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 5.1.1878, 23.1.1878; BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 12.1.1878; StAZG F 1, Regierungsratsprotokolle, 1848–2012, 31.1.1878. – Irritierend mutet an, dass die städtische Finanzkommission die Delegierten der Einwohnergemeinde bereits am 21. Januar benannte (oder besser: ernannte?), während der Einwohnerrat die beiden Namen erst am 23.1.1878 protokollierte (vgl. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 21.1.1878).

128. StadtA Zug F.1-1.1.4, Protokolle des Einwohnerrats 1874–1878, 1.2.1878.

129. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 4.2.1878.

130. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 7.3.1878.

131. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 9.7.1878.

132. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 16.8.1878.

133. StadtA Zug A.10-10, Protokolle der städtischen Finanzkommission 1876–1913, 9.7.1878. – Analoge Berechnungen hatte der Bürgerrat bereits im Januar 1878 angestellt (vgl. BüA Zug B.12.0.0, Protokolle des Bürgerrats 1874–1880, 12.1.1878).

134. ZV, 12.11.1879; vgl. NZGZ, 15.11.1879.

135. Die Daten stammen aus StAZG P66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 84, Gemeinde-Verwaltung, Zusammenzug Vermögen 1843–1896. – Zu Schwerzmanns dokumentarischem Eifer vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 5.

136. Vgl. Schläppi, Konstituierung, PDF S. 18.

137. StAZG P 66, Familienarchiv Schwerzmann, Mappe 75, Dominik Hess an Alois Schwerzmann, 29.10.1874.

138. Vgl. Beschlusses-Antrag für die Ausscheidungs-Urkunde über die Güter der Ortsbürgergemeinde und Korporation von Zug, 1874. – Dazu kam ein erkleckliches Finanzvermögen von rund 212 000 Franken, das vom Verkauf von Liegenschaften stammte.

139. Schläppi, Agil, mobil, eigensinnig, S. 102–104.

140. Nach Morosoli, Sablonier, Furrer, Ägerital, Bd. 1, S. 216, verlor die politische Gemeinde Oberägeri «ihre finanzielle Basis», als bei der Güterausscheidung die Allmenden der Korporation zufielen.

141. NZGZ, 10.7.1875.

142. ZV, 5.10.1878.

143. ZV, 6.6.1899.

144. An der entscheidenden Versammlung vom 17. Januar 1875 machten die Niedergelassenen von ihrem Stimmrecht auf Gemeindeebene nur «äusserst beschränkten Gebrauch, indem ihre Beteiligung an den Verhandlungen eine unverhältnismässig schwache war» (NZGZ, 20.1.1875).

145. Dazu und zu den Güterausscheidungen im Kanton vgl. demnächst Daniel Schläppi, «Eine Gefährde des Bürgereigentums und die Quelle vielen Haders». Die Gemeindegüterausscheidungen im Kanton Zug, 1874–1886, in: Tugium 40 (2024).

146. Zu vormodernen Formen der Staatsfinanzierung vgl. zuletzt Schläppi, Kommunaler und kollektiver Widerstand.

147. Vgl. Rechenschaftsberichte des Regierungsrates des Kantons Zug, 1874–1886.